© by Michaela Lipp

Ich seh, ich seh!

 Ich bin der Ratzersdorfer See.
Dort bin ich jetzt schon gute 40 Jahre vorhanden.
Neben mir sind nur durch die Traisen getrennt die zwei Viehofener Seen. Aber keiner hat das klare Wasser, das ich habe. Bis zu sieben Metern bin ich tief und 600 Meter lang. Durch Grundwasser gespeist und im Frühling, wenn die Hunde nicht mehr zu mir dürfen, kommen die Badegäste. Zögerlich erst, aber wenn es wärmer wird, immer mehr. Dann sehe ich dicke, dünne kurze, lange, blasse und braune Füße.

Rechts von der Traisen, dort sehe ich auch Menschen ohne Kleidung. Ich sehe dicke, dünne, kurze, lange, blasse und braune Beine, Arme und Popos und mehr von den Menschen dort.

In mir gibt es auch Tiere, es gibt Fische in Kleinkindgröße, wahrscheinlich ein paar Waller, Zander und Barsche, allerlei Entensorten und anderes Geflügelgetier. Ich sehe dicke, dünne, helle und dunkle.

Es gibt einige Schlangen, die ich aber nur sehe, wenn keine Menschen da sind: Dicke, dünne, kurze, lange, blasse und dunkle.

Und es gibt Insekten, am schönsten sind die Libellen: Dünne, dicke, helle und dunkle.

Manches Mal, wenn es lange warm ist, gibt es in mir Süßwasserquallen. Nur im klaren Wasser über 25°C. Sie sind alle durchsichtig und klein!