© by Maria Gansch

Als Kind hatte ich wenig mit Geld zu tun. Wenn wir für die Schule Hefte kaufen mussten, wurden die Schillinge genau abgezählt, und in die Ecke eines Taschentuchs geknotet. Natürlich mit der strengen Ermahnung, es ja nicht zu verlieren. Meine kleine Schwester lag Mutter wochenlang in den Ohren, weil sie keine Geldbörse hatte. Alle in der Klasse hätten eine, nur sie nicht.

Zu Weihnachten war es dann soweit. Unter dem Christbaum lagen zwei neue Börsen. Sie sahen aus wie riesige Marienkäfer mit Reißverschluss. Am Kopf waren ein paar kurze Schnüre mit kleinen Quasten. Meine Schwester freute sich riesig. Mir waren diese Geldbörsen zu kindisch. Außerdem waren sie total unpraktisch. Weil immer nur ganz wenige Schillinge drinnen waren, konnte ich sie mit den Fingern kaum erreichen. Deshalb leerte ich mein Geld aus der Börse auf die Hand. Vorsichtig, damit ja nichts hinunter fällt. Mit dem Taschentuch, auch wenn es nicht ganz sauber war, ging das Bezahlen einfacher. Außerdem verklemmten sich die Quasten im Reißverschluss, deshalb schnitt ich sie bei meiner Börse mit der Schere einfach ab.

Meine Schwester hatte ihre Geldbörse bald verloren. Im Mantelsack war zu wenig Platz gewesen. Sie war untröstlich, und ich bot ihr meine an. Zuerst freute sie sich, plötzlich heulte sie los: „Wo sind die Fühler, wieso sind die Fühler weg?“ Sie warf die Börse in die Ecke und rannte weg.

Damals konnte ich erkennen, dass ein und das selbe Geschenk, nicht ein und das selbe Glück bedeuten.