by Silvia Edinger

Gartenbaustelle

 Als hätte er es gewusst, dass der Bagger sein lautstarkes Geschäft nach dem langen Wochenende wieder aufnimmt, hechtete der Kater in mein Bett und suchte sich die Vertiefung zwischen Polster und Decke, um sich, zu einer Schnecke eingedreht und von Ö3 berieselt, dem Schlaf hinzugeben.

Ja, unser Garten war eine Baustelle, der Garten, der uns vor mehr als dreißig Jahren die Entscheidung leichter gemacht hatte, die alte Heimat zu verlassen um nach Horn zu übersiedeln. Ein verwunschen scheinender Garten, der die Fürsorge und Behutsamkeit seines Vorbesitzers erahnen ließ. Terrassenartig angelegte Obstbäume aller Sorten, Sträucher und ein zerbrochener Grabstein, der dem wilden Rosenstrauch Halt und Umrahmung gab. Wir gestalteten die Fläche rund ums Haus- der „große“ Garten blieb wilde Wiese, die nur ein bis zweimal im Sommer gemäht wurde. Wilde Narzissen, Traubenhyazinthen und Reste von früher gepflanzten Blütenpolstern werteten die Naturwiese optisch noch auf. Die Aussicht über die Felder und die Sonnenuntergänge, zu jeder Jahreszeit- geliebt und genossen. Unsere Katzen- zuerst Melody, dann C’estbon und jetzt Spiky genossen den Garten und seine vielen kleinen Verstecke. Spiky genießt es auf der Mauer zu sitzen und der Nachbarin in die Küche zu schauen oder den Nachbarskindern beim Spielen zuzusehen.

Dann war da plötzlich der Geometer im Garten- der untere Teil unseres Grundstücks sollte verkauft werden. Nein, es war nicht „unser“ Garten- wir leben in einem von der Firma bereitgestellten Haus. Rote Pflöcke wurden in die Wiese gerammt und grinsten mich seither hämisch an- hier kommt die Mauer hin- das wusste ich. Mein Glück war, dass die Firma nicht gleich Zeit hatte, die Mauer zu errichten- so konnte ich noch Kirschen ernten- vom jetzt fremden Grund. Ich genoss letztmals die Blüte der wilden Rosen, das rosa Blütenmeer der Wildzwetschke. Noch bevor der Bautrupp anrückte, ließ ich die Wiese noch von meinen „Gartenmännern“- der Caritas Partie samt Gärtner mähen und machte Erinnerungsfotos. In der letzten Woche trieb dann der Bagger lautstark sein Unwesen, hob Bäume und Sträucher aus ihrem sicheren Grund und platzierte sie auf einem von ihm aufgehäuften Berg. Ein seltsamer Bewuchs aus Kirschbaum, Apfelbaum und Säulenhainbuchen. Ein orangefarbener Plastikbauzaun wurde für den Kater aufgerichtet, um ihm wenigstens abends, Gartenausgang zu ermöglichen. Er hat ziemlich schnell kapiert, dass da große Veränderung stattfindet und inspiziert den Bauzaun, bevor er sich auf der Stiege niederlässt um den Nachbarskater Balu zu beobachten, der seinerseits die Baustelle in stillen Zeiten observiert.

Jetzt ist es gerade ruhig- das Eisen wird eingelegt für die Mauer, und nur das Hämmern dringt durch die vorsorglich angeschaltete Radiomusik. Am 25. August jährt sich unser Einzug in Horn zum dreißigsten Mal