© by Erich Röthlisberger

Die Geschichte von aussergewöhnlichen Hauskatzen

 Geboren wurden meine Geschwister und ich vor über 15 Jahren auf einem Bauernhof. Nun lebe ich mit meinem Gspänli und meinem Besitzer in einer Dreizimmerwohnung in Münchenbuchsee. Ich heisse heute Gilgamesch und bin ein weiss grau gefleckter Stubenkater.

Im Mai haben meine Geschwister und ich auf einem Bauernhof zum erstenmal das Licht der Welt erblickt. Es war ein wunderschöner Tag als uns unsere Mutter im Heu gebar. Doch schön nur, weil damals die Sonne schien. Denn der Tag sollte unser weiteres Schicksal bestimmen. Natürlich wusste der Mann auf dem Hof schon seit einiger Zeit, dass es eines Tages so weit sein und seine Katze Nachwuchs erhalten würde. Er musste nicht lange suchen, bis er uns gefunden hatte. Unser Schreien des Hungers wegen, nach der Mutter, war weit und breit zu hören.

Obwohl unsere Mutter alles versuchte uns bei sich behalten zu können, waren wir auf dem bäuerlichen Anwesen unerwünscht. Kurze Zeit später trennte der Bauer mich und meine Geschwister von der Mutter und verfrachtete uns in eine Holzkiste. Da wir nicht wussten was uns geschieht, zappelten und schrieen wir um unser Leben. Wir merkten bald, dass alle Anstrengungen vergebens waren. Wie sollten so kleine Dinger wie wir waren gegen eine so grosse Männerhand ankommen? Eng aneinandergeschmiegt und schlotternd vor Angst begann unsere lange Reise ins Ungewisse. Im Auto ging es in das Katzenheim bei Mühleberg. Es ist schon beängstigend, wenn man plötzlich von zu Hause weg muss. Die Mutter verlassen und die traute Umgebung nicht mehr sehen kann. Zumal wir plötzlich ganz allein auf uns gestellt sein sollten. Doch zum Glück hatte ich noch meine Geschwister. So war ich wenigstens nicht allein.

 

Meine erste Station

 

In dem Heim wurden wir schlussendlich abgegeben. War das eine Überraschung! Eine feine Frauenhand hob jedes von uns sanft aus der Kiste und streichelte jedem über den Kopf. Wir spürten sofort, dass man es gut meinte mit uns. Vorerst wurden wir in ein Zimmer gebracht, wo etwas zu essen und zu trinken bereitstand. Aber das nicht lange. Denn durch die lange Fahrt und die Angst um unser Leben hatten wir riesigen Hunger. Innert kürzester Zeit waren die Schälchen leer gefressen. Nun hatten wir genügend Zeit die neue Umgebung ausgiebig zu erkunden.

Doch was soll das nun wieder? Am nächsten Tag wurden wir abermals eingefangen. Diesmal landeten wir alle zusammen in einem Gitterkorb. Von neuem mussten wir eine Autofahrt über uns ergehen lassen. Waren wir auch in diesem Haus nicht willkommen? Etwas später übergab uns die Frau aus dem Heim einer anderen Frau. Einer in einem weissen Kittel. Diese hob jedes von uns aus dem Korb und begann uns ausgiebig zu untersuchen. Auch bei ihr hatte ich keine grosse Chance mich erfolgreich zu wehren. Mein jämmerliches Miauen half mir nichts. Ich war doch noch so klein! Wieso passierte das alles gerade mir? Gut, die Untersuchung hätte ich ja noch akzeptieren können. Aber an der Spritze, die ich erhielt, hatte ich keine grosse Freude. Wie sollte ich wissen, dass die nur zu meiner Gesundheit diente! Anschliessend musste ich mit ansehen, dass es meinen Schwestern und Brüdern nicht anders erging. Wie waren wir froh, als das Ganze dann endlich vorüber war und wir wieder in unser Heim zurück durften. Was wir einige Zeit später bei der Frau in weiss sonst noch alles über uns ergehen lassen mussten, darüber möchte ich lieber nicht sprechen. Dieser Eingriff jedoch veränderte damals unser Leben total.

Da die Heimleiterin nun wusste, ob wir weibliche oder männliche Katzen waren, kriegte jedes von uns einen Namen. Dies, damit wir wussten wer gemeint war, wenn man den Namen rief. Da ich ein Kater war, erhielt ich den Namen Mowgli. Auch wenn es mir im neuen Zuhause gut gefiel, vermisste ich meine Mutter halt immer noch. Und so nahm ich mir vor, es der Frau, die uns das Fressen und Trinken brachte, nicht leicht zu machen! Kurz um entschloss ich mich, mich nicht verhätscheln zu lassen. Ich liess es nicht mehr zu, mich aufheben zu lassen oder geschweige denn zu streicheln. Huii, machte ich jedes Mal ein Theater, wenn eine der Frauen aus dem Heim versuchte mich zu berühren. Wie von der Tarantel gestochen raste ich im Zimmer herum. Auf meinen Namen wollte ich schon gar nicht hören. Ausser wenn das Fressen ins Zimmer gestellt wurde, war ich lieb und nett. Denn der Hunger macht bekanntlich die wildeste Bestie zahm. Doch die Heimleiterinnen gaben nicht auf. Sie wussten haargenau, wie sie mich um den Finger wickeln konnten. Wollte ich toben, so sollte ich. Ihnen machte das keinen Eindruck. Im Gegenteil. Sie wendeten viel Zeit auf um mich von meinem wilden Trip herunter zu holen. Immer wieder sprachen sie sanft und zärtlich auf mich ein. Bis es mir plötzlich leid war zu fauchen und zu toben. Auf Grund dessen liess ich es nach einiger Zeit sogar wieder zu, dass sie mich streicheln konnten.

 

So verging die Zeit wie im Flug. Tag für Tag. Woche für Woche. Immer wieder kamen neue Gspänli zu uns und es wurden auch welche weggegeben. Auch alle meine Geschwister verliessen mich nach einiger Zeit. Mich wollte niemand. Allen war ich zu wild. Obwohl noch einige andere Stubentiger im Tierheim wohnten, war ich der Einzige, der noch zu vermitteln war. Denn meine anderen Mitbewohner waren fast alle krank oder zu alt. Deshalb war ich auch oft allein in meinem Spielzimmer. Ausser wenn eine Katze zu uns in die Ferien kam, hatte ich jemanden mit dem ich herumtollen konnte. Zu den kranken Mitbewohnern durfte ich nicht. Denn man wollte zu meiner Sicherheit verhindern, dass ich mich beim Herumtoben ansteckte.

 

Der ungewöhnliche Besuch

 

Bis dann, nach neun Monaten ein Mann ins Heim kam. Wie ich dem Gespräch zwischen der Heimleiterin und ihm entnehmen konnte, war er auf der Suche nach einer Stubenkatze. Nun, dachte ich mir damals. Will ich mir den Mann halt mal anschauen. Wenn er mir passt, zeige ich mich vielleicht von meiner besten Seite. Trotzdem, man kann nicht vorsichtig genug sein. Aus diesem Grund legte ich mich flach in mein Körbchen und versuchte mich so gut es eben ging zu verstecken. Es kam der Moment, wo der Mann zu mir hin kam um mich genauer anzuschauen. Vorsichtshalber legte ich mal die Ohren flach an den Kopf. Damit er von Anfang an Bescheid wusste. Mit mir war schliesslich nicht zu spassen! Denn hundertprozentig wurde er von der Frau auch gewarnt. Sie erzählte ihm bestimmt wie wild ich eigentlich war!

Musste der Respekt vor mir haben! Denn er kam nur ganz langsam zu mir. Eine Hand hielt er zaghaft nach mir ausgestreckt. Auch sprach er leise zu mir. Ich weiss noch genau wie er sagte: „Ist der herzig. Der gefällt mir sehr. Der Kater soll mal wild gewesen sein? Kaum zu glauben. Den möchte ich; den und keine andere Katze.“ Das gefiel mir. Als er mich berührte, war es wie Liebe auf den ersten Blick. Vorsichtig stand ich auf, um mich ihm in voller Grösse zeigen zu können. Es stellte sich heraus, dass wir sofort gute Freunde sein sollten.

Nun erhielt ich noch einen neuen Namen. Der Mann wollte nicht, dass ich weiterhin Mowgli gerufen wurde. Der Name erinnerte ihn zu sehr an das Dschungelbuch. So sollte ich von nun an Gilgamesch heissen. Mir gefiel der Name. Das, weil er genauso speziell tönte, wie ich es immer war. Er entstammt ursprünglich aus einem Buch von Erich von Däniken.

 

Mein neues Zuhause

 

Einige Tage später kam der Moment, wo ich das Katzenheim verlassen musste. Doch nicht für immer. Denn ab und zu dufte ich wieder einige Zeit dort verbringen. Meistens dann, wenn mein Besitzer in den Ferien war. Aber es machte mir nichts aus. Wusste ich unterdessen, dass es mir dort gut erging. Nur etwas hasste ich wie die Pest. Das auch noch heute. Das Autofahren. Daran haften einfach nach wie vor schlechte Erinnerungen. Während der Fahrt, als ich abgeholt wurde, brachte ich dies halt auch zum Ausdruck. Ich schrie die ganze Angst aus mir. Da half alles beschwichtigen nichts. Ich schrie, was das Zeug hielt. Schliesslich war mir mulmig zu mute. Wusste ich doch wieder nicht was mir geschah. Endlich war die lange Autofahrt zu Ende und ich wurde in eine Wohnung gebracht. Schon wieder eine neue Umgebung. Was ist hier eigentlich los? Das Beste ist, dachte ich mir, wenn ich mich verkrieche. Schnell raste ich in die hinterste, finsterste Ecke und verhielt mich Mucks Mäuschen still. Die Stunden vergingen. Ich wollte und wollte einfach nicht aus meinem Versteck hervorkommen. Obwohl der Mann versuchte mir gut zu zureden. Nicht einmal das Trockenfutter, mit dem er mich ködern wollte, konnte mich aus der Reserve locken. Mit der Zeit kam ich mir doch etwas blöd vor. Zumal mich doch langsam der Hunger plagte und die Blase schmerzte. Langsam, ganz vorsichtig schlich ich hervor, um der Futterspur zu folgen. Ein, zwei Stücke schnappen und zurück, war meine Devise. Nun musste ich aber, wenn ich etwas erhaschen wollte, jedes Mal ein Stück weiter vom schützenden Platz weg. So ging es immer hin und her. Als ich das Wasser schlussendlich nicht mehr halten konnte, ging ich halt zur bereitgestellten Toilette. Bald merkte ich, dass mein Mitbewohner mir nicht feindlich gesinnt war.

Im Gegenteil: ich geniesse es noch heute, wenn er mit mir spielt. Das grösste Gaudi habe ich, wenn ich ihn mitten in der Nacht oder am morgen früh aus dem Bett holen kann. Ich wecke ihn meistens mit einem Sprung auf das Bett wenn ich Hunger oder das allein sein satt habe. Dann laufe ich ihm einfach über den Kopf. Aber ansonsten bin ich nach wie vor eher zurückhalten. Schliesslich war und wollte ich nie eine gewöhnliche Streichelkatze sein.

 

Mein neues Gspänli

 

Ja, so lebten wir Jahr ein, Jahr aus glücklich und zufrieden zusammen. Bis zu dem Tag als mein Herrchen eine aus meiner Sicht nicht gerade grandiose Idee hatte. Brachte er mir, dem Herrn und Meister über die Wohnung und dessen Besitzer, ein schwarzes Gspänli nach Hause, welches er Ninka nannte. Upps! Das passte mir gar nicht in den Kram. Ich wurde höllisch eifersüchtig. Der um Jahre jüngeren, schwarzen Katze zeigte ich sofort, wer hier der Chef ist. Ich fauchte und attackierte sie nach Strich und Faden. Ich hasste dieses Ding. Doch was will man, wenn man zusammenleben muss, anderes machen als sich versuchen zu verstehen? Heute kennen wir uns etwas besser als damals. Das macht uns das Zusammenleben ein wenig erträglicher. Aber lieben tun wir uns immer noch nicht. Ich habe verstanden sie zu akzeptieren und sie hat unterdessen kapiert, dass ich der König in der Wohnung bin. Etwas Positives hat das Ganze trotz allem: tagsüber habe ich jemanden mit dem ich herum rasen und balgen kann. Zwischendurch veranstalten wir zusammen eine harmlose Balgerei. Da kann es halt schon mal vorkommen, dass die Haarbüschel nur so in der Wohnung herum fliegen. Auch habe ich gemerkt, dass mich mein männlicher Mitbewohner nach wie vor immer noch sehr gern hat. So geniesse ich es oftmals am Abend bei ihm auf der Couch in Ruhe zu schlafen. In letzter Zeit bin ich sogar dazu bereit bei ihm auf den Beinen zu sitzen, um mit ihm im Fernseher einen Film zu schauen. Unterdessen bin ich mit meinem Besitzer wieder allein. Ninka ist eines Tages ganz unerwartet gestorben.

 

Mein Ende

 

Das Jahr geht nun langsam seinem Ende zu. Ich glaube mein Leben leider auch. Ich bin nun schon ein in die Jahre gekommener Kater. Ich will mich nicht beklagen. Nicht viele Katzen durften in „Gefangenschaft“ so ein tolles Leben wie ich verbringen. Wie bei älteren Menschen auch, geht es mit der Gesundheit bei mir nicht mehr bergauf. Ich spüre, dass ich in letzter Zeit immer müder werde. Oft stehe ich in einem Zimmer und döse vor mich hin. Zum Herumtollen bin ich auch nicht mehr aufgelegt. Da meine Nieren nicht mehr richtig funktionieren, habe ich auch mehr Durst als früher. Kein Problem – Wasser hat es ja genug. Mein Besitzer weiss von meiner Krankheit. Denn im Frühling dieses Jahres als er mich zum Tierarzt zum Impfen brachte, liess er meine Blutwerte untersuchen. Die sind aber gar nicht gut, sagte der Arzt und gab mir noch ein, zwei Jahre zu leben. Ich sollte eigentlich Tabletten einnehmen. Aber die hatte ich gar nicht gern. So versteckte ich mich immer unter dem Bett. Aber meistens, wenn ich mich mal zeigte, kriegte ich die Medizin doch verpasst. Bis mein Besitzer den Entschluss fasste, mir die Tablette nicht mehr zu geben. So hätten wir mehr Zeit füreinander. Denn ab dem Tag, wo ich sie nicht mehr erhielt, zeigte ich mich wieder vermehrt. Der Tierarzt fand dies eine weise Entscheidung.

Ja, ich werde halt von Tag zu Tag auch älter. Da geht es allen gleich. In den Monaten habe ich zudem über ein Kilo abgenommen. Ich esse wohl noch ein wenig. Aber ich habe seit Tagen nicht mehr „hart“ ins Kistchen gemacht. Das macht meinem Besitzer schon Kummer. Er ist deswegen auch sehr traurig. Als er vor ein paar Tagen kurzum mit mir wieder zum Tierarzt ging, hiess es zwar es sei alles gut, da ich nicht an Verstopfung leide. Solange ich fit bin, darf ich zum Glück weiterleben. Wie lange aber, das weiss nur der Katzengott. In absehbarer Zeit werde ich mein Reich verlassen müssen. Mein Besitzer wird den richtigen Zeitpunkt sicher erkennen.

Natürlich werde ich, sobald ich im Katzenhimmel bin, wer weiss vielleicht sogar bei Ninka, dort berichten, wie ich meine letzten Tage erlebt habe. Natürlich hoffe ich schon jetzt, dass die die mich kennen und lieben gelernt haben, mich nicht so schnell vergessen werden!

 

Am Dienstag, 27.12. um 14.20 Uhr

 

Etwa um diese Zeit wurde ich von meinem Leiden erlöst. Mein Besitzer vereinbarte nochmals einen Termin beim Tierarzt. Um ihm eine „Freude“ zu machen, liess ich doch noch etwas im Katzenklo zurück.

Die sympathische Tierärztin hatte keine Freude als sie mich wog. Seit dem letzten Termin, das war am vorigen Donnerstag hatte ich wieder 300 Gramm an Gewicht verloren. So wurde ich geröntgt. Der Befund war schlecht. Ich hatte nichts im Magen. Sie wollten nicht glauben, dass ich doch immer wieder etwas ass. Der Darm war mit einem Tumor übersät. Die Tierärztin versuchte es zu erklären. Mein Besitzer sagte ihr aber, sie solle es sein lassen – ob einschläfern das Richtige sei. Sie würde es empfehlen… meinte sie. Ich war froh, dass sich mein Besitzer so entschied – denn so wollte ich nicht mehr weiterleben. Im Transportkorb liegend erhielt ich eine Narkosenspritze, die mich einschläferte. Rasch wurde ich müde, legte den Kopf in die Ecke und schlief ein. Die Tierärztin liess mich mit meinem Besitzer allein. Er verabschiedete sich bei mir und streichelte mir sachte über den Kopf. Nach einiger Zeit erhielt ich eine weitere Spritze, die den Herzstillsand herbeiführte.

Nun geht es mir wieder gut. Denn ich bin im Katzenhimmel bei vielen anderen Gspäni! Den Weg den ich gegangen bin, ist in der folgenden Geschichte beschrieben:

 

Die Regenbogenbrücke

The Rainbow Bridge

 

Eine Brücke verbindet den Himmel und die Erde.
Wegen der vielen Farben nennt man sie die Brücke des Regenbogens.
Auf dieser Seite der Brücke liegt ein Land
mit Wiesen, Hügeln und saftigem grünen Gras.
Wenn ein geliebtes Tier auf der Erde für immer eingeschlafen ist,
geht es zu diesem wunderschönen Ort.
Dort gibt es immer zu fressen und zu trinken,
und es ist warmes schönes Frühlingswetter.

Die alten und kranken Tiere sind wieder jung und gesund.
Sie spielen den ganzen Tag zusammen.
Es gibt nur eine Sache, die sie vermissen.
Sie sind nicht mit ihren Menschen zusammen,
die sie auf der Erde so geliebt haben.

So rennen und spielen sie jeden Tag zusammen,
bis eines Tages plötzlich eines von ihnen innehält und aufsieht.
Die Nase bebt, die Ohren stellen sich auf, und die Augen werden ganz gross!
Plötzlich rennt es aus der Gruppe heraus und fliegt über das grüne Gras.
Die Füsse tragen es schneller und schneller.
Es hat dich gesehen.

Und wenn du und dein spezieller Freund sich treffen,
nimmst du ihn in Deine Arme und hältst ihn fest.
Dein Gesicht wird geküsst, wieder und wieder,
und du schaust endlich wieder in die Augen deines geliebten Tieres,
das so lange aus deinem Leben verschwunden war,
aber nie aus deinem Herzen.

Dann überschreitet ihr gemeinsam die Brücke des Regenbogens,
und ihr werdet nie wieder getrennt sein…

 

Gedicht: Verfasser unbekannt

 

Am selben Tag, an dem ich Gilgamesch einschläfern lies/musste, holte ich zwei neue Katzen aus dem Tierheim in Marfeldingen. Kaum zu Hause angekommen, begann Kalapani (Rufname: Kali) auch mit schreiben ihrer Geschichte. Ich möchte die hier anfügen…

Kali ist mein Name und ich bin eine der neuen Katzen von Erich

 

Ich bin ein weisses Kätzchen mit einem schwarzen Schwanz und einem Fleck auf dem Kopf. Geboren wurde ich im Juli, als Siammischling. Da ich unerwünscht war, wollte man mich ertränken. Eine Frau brachte mich angeblich, nachdem sie mich in einer Schachtel fand, ins Katzenheim nach Marfeldingen. Die damalige Lehrtochter taufte mich auf den Namen Saphira.

Dort musste ich bleiben, bis mich am 27. Dezember im gleichen Jahr ein Mann sah. Er war auf der Suche nach zwei neuen Katzen. Am selben Tag musste er seinen 17-jährigen Kater Gilgamesch einschläfern lassen. Er hatte Magenkrebs. Die Nieren waren bereits nicht mehr funktionstüchtig. So entschloss er sich, den richtigen Schritt zur ihn und den Kater zu gehen. Noch am selben Tag, etwas nach 14.00 Uhr rief er im Heim an und sagte Frau Egli der Heimleiterin, falls sie einmal zwei Katzen hätte, solle sie es ihm sagen.

Es würden noch drei auf einen guten Platz warten, sagte sie ihm. Ob er denn noch vorbei kommen könne, um sie anzusehen, wollte er wissen. Wenn er sich beeile, man schliesse um 15.00 Uhr, solle er kommen, erhielt er zur Antwort. Und er fuhr natürlich los. Es schneite und wie es kommen musste, kurz vor Mühleberg war ein Lastwagen ins Feld gefahren und durch die Bergungsarbeiten kam es zum Stau. Etliche Autos wendeten. Auch er musste warten. Er fragte sich, ob es wohl ein Wink Gottes sei und er auch umkehren solle? Nein, er wartete und einige Minuten vor 15.00 Uhr kam er im Katzenheim an. Wenn er nicht mehr schauen dürfe, komme er doch um zu sagen, dass er morgen wieder käme, meinte er zu Frau Egli. Er solle schauen, wenn er doch schon hier sei. Die restlichen Katzen würden halt das Fressen etwas später erhalten.

Ja, und so wurden wir ihm gezeigt. Ich zeigte mich von meiner besten Seite. Flatierte und flanierte ihm wie es nur ging. Als erstes meint er: isch diä schön! Er meinte mich damit, mo mou. Mein Gspähnli, eine schwarze Katze stach ihm auch ins Auge. Aber das war eher ein Einzelgänger. So wollte er wissen, wer besser zu mir passe, die gefleckte oder eben die schwarze! Die Gefleckte, Angel hiess sie, passe zu mir. Denn wir seien Geschwister. Kurzum entschied er sich für uns.

Am 30. Dezember dann, wurden wir abgeholt. Und wie der Mann ist, er gab uns neue Namen. Unsere waren ihm zu bünzlig. Was hat mein Bruder mit Angel (Robbie Williams) zu tun? Nichts. So nannte er ihn Nintimesch. Der Namen setzt sich aus Ninka und Gilgamesch zusammen. Rufname: Ninti. Ich, Saphira erinnerte ihn zu sehr an ein Wagen einer bekannten deutschen Automarke. So nannte er mich Kalapani. Kurzform: Kali.

Als wir in Münchenbuchsee in unserem neuen Zuhause ankamen, versteckten wir uns zuerst. Alles war neu. Das passte uns nicht. Nach langer, langer Zeit kamen wir doch aus unserem Versteck hervor. Vor allem weil uns der Hunger plagte. Ich war aber etwas scheuer als im Heim. Musste mich zuerst an die neue Umgebung anpassen. Aber es gefiel mir sehr gut. Wir hatten etliche Kratzbäume und verschiedenes Spielzeug.

Es vergingen aber keine 14 Tage bis wir an einem Wochenende den Schnudderi einfingen. So stark, dass der Mann, ah – er heisst Erich, am Sonntag dem Arzt anrief. Am Montagmorgen gings dann zum Tierarzt wo wir Spritzen und Antibiotika erhielten. Die Tabletten nahmen wir problemlos ein, da sie in Le Parfait versteckt waren. Wir lieben Le Parfait!

Uns ging es wieder besser. Bis oh weh, halt wieder an einem Wochenende, ich erneut zu schnupfen begann. Am Samstagvormittag wollte Erich in der Tierpraxis Antibiotika holen. Ne nei, mal wolle mich sehen, sagte man ihm – und schon war ich wieder dort. Erhielt zwei Spritzen und wieder Antibiotika. Nun bin ich in Behandlung! Denn ich bin ein Mimöseli mit einem schwachen Immunsystem. Das macht Erich schon ein wenig Angst. Es ging sogar so weit, dass er sich fragte, ob er uns wieder im Heim abgeben wolle. Es plagt ihn gerade einiges und so stellte er sich diese Frage. Aber er will alles möglich versuchen. Zumal wir ihm beide schon sehr ans Herz gewachsen sind.

Aber nun plagen mich noch Viren, die veranlassen, dass ich ab und zu Durchfall kriege. Zwar nicht Lebensbedrohlich, aber doch sehr lästig.

Mein Schnupfen will auch nicht heilen. Nun hat sich Erich entschlossen mich während seiner Ferien zur Kontrolle in der Tierpraxis abzugeben. Das ist ein guter Entscheid. Denn so werde ich bestens überwacht und kann, wenn nötig, behandelt werden. Vom 9.-18. Mai 2006 muss ich nun dort sein. Damit ich nicht allein bin, kommt mein Bruder gerade mit. So kann er auch beobachtet werden.

 

Habe ich übrigens schon erzählt, dass mein Bruder ein „Badwannenbisler“ ist? Nein? Man muss wissen, er pinkelt gerne in die Badewanne. Wieso weiss niemand. Aber es stört Erich nicht weiter. Denn mit heissem Wasser ist das Malheur schnell wieder beseitigt.

Das kommt mir etwas in den Sinn, dass ich noch gar nicht erzählt habe. An einem Samstag-, oder war’s an einem Sonntagmorgen? Ich weiss es nicht mehr so genau, krakselte mein Bruder auf den Kratzbaum im Schlafzimmer. Das ist noch nichts Besonderes. Aber Erich hat am Fenster ein Fliegennetz. Erstens natürlich zum Schutz vor den lästigen Fliegen und damit er in der Nacht das Fenster offenhalten kann. Es soll auch als Schutz dafür dienen, dass wir bei offenem Fenster nicht einfach so auf das Fensterbrett gehen. Wohnen wir doch im vierten Stock… In der Nacht stellt er noch ein dünnes Brett vor das Fenster, so dass er das Rollo nicht ganz schliessen muss. Nun, Ninti ist auf dem Katzenbaum, steigt über das Brett, drückt mit seinem Kopf das Fliegengitter beiseite und will auf den Fenstersims hinaus. Zum Glück konnte er die nicht lautlos machen. Denn vom Lärm erwachte Erich und sah, was der „Grosse“ vorhatte. Bevor Ninti ganz auf dem Fensterbrett war, fasste der erschrockene und hellwache Erich den Ausreisser am Rücken und zog ihn zurück. Seither ist nun ein grösseres Brett vor dem Fenster und der Kratzbaum steht so auf Distanz, dass man von ihm aus nicht mehr auf das Fensterbrett kommt.

Nun ist der Dienstag, 9. Mai gekommen. Erich will am Abend nach Wien in die Ferien. Wie bereits erwähnt, verbringen wir diese Zeit beim Tierarzt. Am Vormittag wurden wir also eingefangen und Beide in die Praxis gebracht.

Ich weiss genau, Erich hatte dabei ein sehr mulmiges Gefühl. Sicher geht es nicht lange und er vermisst uns. Denn die Wohnung wird nun wieder sehr „leer“ sein ohne uns. Doch ist es das Beste für Alle. Wir werden gut gepflegt und unser Besitzer kann seine Ferientage unbekümmert Geniessen. Wie die Rückkehr sein wird, erzähle ich, wenn wir aus unseren Ferien zurück sind.

Unterdessen ist über ein Jahr vergangen. Unser Besitzer hat das Domizil gewechselt. Er zog, natürlich mit uns, im selben Wohnblock zwei Stockwerke höher, in eine grössere Wohnung. Während den Umzugsvorbereitungen war uns sichtlich unwohl. Mein Brüetsch begann sich sogar am Rücken die Haare auszurupfen. Doch nun, wo alles vorüber ist, geht es uns beiden recht gut. Wir sind zwar noch immer etwas schüchtern, aber dort wo wir jetzt wohnen, gefällt es uns.

 

Wie die Zeit vergeht… Erneut stand ein Wohnungswechsel an. Mehr oder weniger unfreiwillig. Umbau, Erhöhung des Mietzinses. Das waren die Gründe, weshalb wir in ein neues, schönes Domizil zogen.

 

Wir werden auch nicht jünger. Was Erich bald einmal bei Ninti bemerkte. Mein grosser Bruder, es schien, als sei er dement, machte nur noch ein paar Runden um den Katzenkorb und setzte sich wieder rein. Fressen tat er noch. Aber zuerst schaute er das Futter lange an, wie als er sich fragen würde, was er nun machen müsse.

Erich und sein Pflegsohn brachten ihn zum Tierarzt und nach der Ursache zu schauen. Welch ein Schock als sie ohne Ninti nach Hause kamen. Er wurde von seinen Altersbeschwerden erlöst.

 

Ab diesem Tag war ich Einzelkatze in dem Männerhaushalt. Leider auch nicht mehr all zu lange.

Erich musste für fünf Tage ins Spital. Als er nach Hause kam war die Freude riesig. Trotzdem. Ich blieb auf dem Sofa liegen und verhielt mich ruhig. In der Nacht mochte ich nicht mal zu Erich ins Bett. Was ihn sehr erstaunte. Am Morgen, ich lag immer noch auf dem Sofa. Jedoch schien es, als hätte ich Mühe zu atmen. Die Brust hob und senkte sich so fest, dass auch ich zum Tierarzt gebracht wurde. Das Röntgenbild brachte zu Tage, das in mir Tumore hausten. Der Veterinär meinte, eine Option sei das Sauerstoffzelt, aber heilen würde nichts mehr.

Erich entschied sich für das einzig Richtige: schweren Herzens liess er mich über die Regenbogenbrücke zu den anderen mir bekannten Katzen gehen, wo es uns wieder gut geht.