© by Katharina Tröstl

Er hat sich uns ausgesucht

Kinder suchen sich ihre Eltern aus, sagt man. Und mein Sohn glaubt daran, dass Tiere sich ihre Besitzer aussuchen. Ich wollte nie ein Haustier haben, Marcel umso mehr.

„Ich möchte so gern einen Freund, der da ist wenn ich von der Schule heimkomme und der mich tröstet, wenn ich traurig oder wütend bin.“ Mit Tränen in den Augen blickt er mich an und beinahe werde ich schwach. Doch nur beinahe. An diesem Tag schickt er seinen Wunsch himmelwärts, zum lieben Gott. ER wird das schon richten, das weiß Marcel aus Erfahrung.

Zwei Tage später komme ich von der Arbeit heim. Junior läuft mir freudestrahlend entgegen. „Mama! Mama, den ganzen Tag ist schon eine Katze auf unserer Terrasse!“ Aufgeregt zerrt er mich vom Auto weg, hin zu diesem kleinen, flauschigen Ding, das sich sogleich an meine Beine schmiegt und zu schnurren beginnt. Ich mag es nicht, wenn Tiere mir zu nahe kommen. Es gibt keinen bestimmten Grund dafür und ich hab auch nichts gegen sie. Ich mag es eben nur nicht. Das kleine Kätzchen macht es sich auf meinen Zehen gemütlich. „Mein Gott, ist der süß!“ schießt es mir durch den Kopf. Was?! Weg mit diesem Gedanken!

Marcel möchte an diesem Abend gar nicht schlafen gehen, aus Angst die Katze könnte am nächsten Morgen weg sein. Doch sie ist noch da, den ganzen Tag über und auch am darauffolgenden Tag. Die beiden spielen und kuscheln ohne Ende. Meine Verliebtheit in dieses süßes kleine Geschöpf versuche ich zu verstecken. So zahm und zutraulich, wie die ist, muss sie doch jemandem gehören. Ich rufe sämtliche Nachbarn und umliegenden Bauern an – frage sie, ob sie eine Katze vermissen. Meinem Sohn gefällt das gar nicht. „Aber die Katze ist doch zu UNS gekommen und möchte bei uns bleiben, sonst wär sie ja schon weggelaufen.“

Nach acht Telefonaten habe ich Glück. „Ist es ein kleiner grauer Kater? Mit Kugelbauch und recht zahm?“ fragt mich der Bauer. Ja, das ist er! Da ist er also ausgerissen, der Kleine – vom Bauernhof gegenüber, 100m von unserem Haus entfernt. Auf meine Frage, ob ich ihm den Kater zurückbringen soll, reagiert Marcel mit einem lauten „Nein, Mama! Bitte nicht!“ und der Bauer lacht ins Telefon: „Schon gut, behalt ihn.“ Mein Herz macht einen Sprung. Hoppla, hab ich mich etwa soeben gefreut?! Ja, das hab ich! Mindestens so sehr wie mein übers ganze Gesicht strahlender kleiner Junge.

Einen Namen hatte Marcel bereits seit dem ersten Tag für den kleinen Racker: „Mauky“. Dieser Name war einfach in seinem Kopf, sagte er. Meine wichtigste Regel – der Kater kommt uns nicht ins Haus, denn er sei es als Bauernkatze eh gewöhnt, draußen zu bleiben – brach ich selbst etwa 8 Tage später, als es das erste Mal regnete. Unter uns gesagt: ich konnte den armen Kerl bei diesem Sauwetter ja unmöglich draußen lassen.

Und so zog er bei uns ein, unser Kuschelkater. Er hat unsere Herzen in Beschlag genommen. Vom ersten Tag an hatte auch ich keine Chance. Gott sei Dank hat sich Mauky UNS ausgesucht. Sein Wesen bereichert unser Leben.