© by Eva Novotny

Mein Ärger mit den Katzen

Die Ferien meiner Kindheit verbrachte ich jedes Jahr am Bauernhof. Da gab es natürlich immer auch Katzen. Ich erinnere mich an einen grau-schwarz gestreiften Kater, den ich immer fangen und streicheln wollte, aber wenn ich ihn endlich hatte, dann fuhr er seine Krallen aus und zerkratze mich, so, dass ich ihn wieder los ließ. Ein weiches Kuschelkatzerl hätte mir ja gefallen, aber so ein beißender und kratzender Minitiger war kein Tier zum Liebkosen. Er streunte den ganzen Tag rund um den Hof und kam meist nur ins Haus oder in den Stall um zu fressen.

Eines Tages kam er mit einer Maus im Maul in die Stube. Es war schrecklich sein Spiel anzusehen, wie er sie losließ und wieder fing. Die arme Maus blutete schon und konnte kaum mehr laufen, aber der Kater spielte mit dem verwundeten Tier, biss sie dort und da und es dauerte eine Weile bis die Maus endgültig erledigt war. Ich fand das furchtbar grausam:  Nur zum Spielen zu töten, denn zu fressen bekam er am Bauernhof ja genug, das verstand ich nicht.

Seit damals liebte ich Katzen nicht besonders.

Ich bekam einen Kanarienvogel. Er hieß Hansi und war ganz jung, als er unterm Christbaum auf mich wartete. Gleich nahm ich ihn aus dem Käfig und erzählte ihm etwas und er hörte zu. Hansi wurde ganz zahm. Ich streckte ihm den Zeigefinger hin und er setzte sich drauf und so spazierte ich durch die Wohnung. Er durfte frei fliegen, wenn alle Fenster geschlossen waren und kam zu mir auf den Tisch, wenn ich ihn rief. Hansi war leuchtend gelb und hatte ein graues Schopferl. Und hin und wieder trällerte er ein schönes Lied. Hansi war mein bester Freund. Wenn ich traurig war, nahm ich ihn aus dem Käfig und erzählte ihm all meinen Kummer und er tröstete mich.

Damit er sich wohl fühle, hängte ich seinen Käfig im Sommer, an schönen Tagen, immer an die Wand auf dem Balkon.

Unser Balkon hatte eine steile Holztreppe in den Garten, der rund um das Haus war. Im Garten gab es viele Vögel und Eidechsen und öfter sah ich auch eine schmutzig weiße Katze mit bernsteinfarbenen Augen herumstreunen. Sie schien niemandem zu gehören, denn sie war sehr mager und hatte ein ungepflegtes glattes Fell.

Was ich nicht wusste, war, dass sie auch über die Treppe auf unseren Balkon heraufkommen würde. Eines Tages kam ich nach dem Mittagessen auf den Balkon. Da hing der Käfig von meinem Hansi schief, der Boden war herausgerutscht und nur mehr ein paar gelbe Federn lagen am Tisch. Ich wusste es. Die Katze war auf den rechten Teil des Käfigs gesprungen, so dass dieser in Schieflage gekommen sein musste und Hansi herausgeflogen war. Die Weiße hatte sich meinen lieben Hansi geholt. Der war sicher ganz friedlich auf den Tisch geflattert und für sie leichte Beute gewesen. Mein armer, lieber Hansi!  Ich war todtraurig und weinte bitterlich.

Jetzt hasste ich die weiße Katze wie nie vorher. „Warum hast du mir meinen Liebling genommen, du wirst dafür büßen!“ Wenn ich sie sah, warf ich Steine nach ihr, die sie nie trafen. Einmal konnte ich sie fangen und warf sie in unseren Wasserbottich. Ich dachte, sie würde ertrinken, aber nein, sie schwamm zwei Tempi und sprang heraus und auf und davon. Ich sah sie nie wieder. Wahrscheinlich wusste sie gar nicht, wofür ich sie bestraft hatte.

Meine Kinder hatten ein Kaninchen, dem wir im Garten ein Gehege bauten. Es war an drei Seiten von einem Maschenzaun eingegrenzt und die vierte Seite war die Stützmauer zum Nachbarn. Und eben, als meine Tochter aus dem Fenster schaute, sprang ein grauer Kater von der Stützmauer auf das Genick ihres Kaninchens und tötete es. Das Wehegeheul meiner Tochter höre ich heute noch. An diese Gefahr hatten wir nicht gedacht. Katzen sind eben kleine Raubtiere.

Wir haben einen Natur-Garten und sind, glaube ich, die einzige Familie in der Umgebung, die keine Katze hat. Seit Corona haben manche Familien sogar zwei oder mehr. Sollen sie haben, wenn sie in ihren Gärten und in ihren Häusern bleiben. Aber warum sind alle immer in unserem Garten?

Wir mähen nur zwei Mal im Jahr, denn im hohen Gras fühlen sich die Schiefkopfschrecken wohl. Wir hatten bis Corona viele Eidechsen und Blindschleichen und im Winter auch die putzigen Gelbhalsmäuse. Jetzt gibt es kaum mehr Tiere, außer Katzen!

Erst als wir uns eine Nachtsichtkamera anschafften, sah ich, was da in unserem Garten zwischen Mitternacht und fünf Uhr früh abgeht: eine schwarze, eine gefleckte, eine gestreifte und zwei rotbraune Katzen durchstreifen meine Beete. Bei Tag sehe ich sie, wie sie im Gemüsehochbeet ihren Kot eingraben, neben dem Teich sitzen und auf durstige Vögel warten oder im Juni unter den Ribislsträuchern lauern. Einer Katze wollte ich einen Buchfink, den sie im Maul trug, abjagen, sie ließ ihn kurz los, um den verdatterten Vogel gleich wieder zwischen die Zähne zu nehmen. Ich konnte ihn nicht mehr retten. Ich sehe sie, meine Schiefkopfschrecken fangen und bin ganz traurig, weil ich zerbissene Eidechsen im Garten gefunden habe. Seit einem Jahr habe ich keine Eidechse mehr gesehen.

Was tut man da? Ich machte die Besitzerin des roten Katers ausfindig und klagte ihr, dass ich nicht wolle, dass er in meinen Garten und in mein Haus komme, wenn die Türe offen steht, (auf den Tisch springt über die Treppe in den Keller läuft…..) Aber sie meinte nur: „ Er ist Freigänger und immer unterwegs. Spritzen sie ihn mit dem Schlauch an, dann kommt er nicht mehr.“ Wie soll das gehen? Den Schlauch muss ich zuerst aufdrehen und in die Hand nehmen, da ist er schon über alle Berge.

So kann ich leider nichts gegen alle die Freigänger machen, die sich am liebsten in unserem Garten aufhalten, denn die anderen Gärten haben kurzgeschorenen Rasen oder bekieste Flächen, da gibt es keine Heuschrecken.  Ich glaube, die vielen Katzen stören das Gleichgewicht der Natur.

Ich verstehe auch nicht, wie man sich ein Tier anschaffen kann, das den ganzen Tag und den Großteil der Nacht in fremden Gärten unterwegs ist. Hat man für sein Tier nicht auch Verantwortung?