© by Claudia Krusch

Schnirkelschnecke und Kater

Auf einem Gummibaumblatt sitzt eine Schnirkelschnecke und kaut genüsslich Kaugummi.

Kauen – Atemzug – Rundblick.

Da hört sie plötzlich ein klägliches miauen, gefolgt von lautem Poltern.

Kauen – Atemzug – Rundblick.

Schon erblickt die Schnecke den Kater. Er hat ein braunes Ohr und ein schwarzes, das Fell auf seinem Rücken ist auch schwarz. Nur die Katzenbeine, Bauch und Gesicht sind weiß.

Er sitzt am weißen Teppich zwischen zwei Topfpflanzen und putzt seine blutverschmierte Pfote.

Sie kaut auf ihrem Kaugummi, macht einen Atemzug und schaut sich mit ihren langen Stielaugen um.

„Sag mal, was machst du da?“

Der Kater stellt sofort seine Ohren auf und blickt hektisch nach allen Seiten.

“Miau!“

„Ich sitz über dir, auf dem leckeren Kaugummibaum.“

Der Kater ist schnell wieder auf den Beinen und nimmt den Gummibaum genau unter die Lupe.

Da entdeckt er die cremefarbige Schnecke, die kauend ihn mit ihren Stielaugen beobachtet.

„Miau. Ich jage eine freche Maus!“

Kauen – Atemzug – Rundblick.

„Warum?“

„Miau, was warum?“

Kauen – Atemzug- Rundblick.

„Warum du sie jagst? Hat sie dir was getan?“

„Miau. Was für eine Frage, nichts hat sie mir getan.“ Er schüttelt den Kopf, hört aber sofort wieder auf als ihn ein Schmerz vom verlorenen Zahn in den Kopf schießt.

Sie überlegt, kaut – atmet – schaut sich um.

„Dann hast du ihr was getan?“

„Miau, nein. Ich habe sie leider noch nicht erwischt. Miau.“

„Wer hat dann wem was getan?“

„Miau. Ich war etwas zu schnell und hab zu spät bemerkt, dass ich nicht unter dem Stuhlbein vom Ohrensessel durch passe. Dann konnte ich nicht mehr rechtzeitig stoppen und bin dann, naja quasi gegen das Stuhlbein gekracht und hab statt der Maus meinen eigenen Zahn verschluckt.“
Der Kater macht eine Pause, als er sich an das Unglück erinnert.

„Miau, das kann ich dir sagen, das hat weh getan. Miau!

Die Schnirkelschnecke hört aufmerksam zu, kaut – atmet und schaut sich um.

„Was hat dann so gepoltert? Dein Zahn?“

Miau, nein. Ich habe mich so erschrocken und wollt von dem Schmerz fortspringen, dabei bin ich auf dem Wohnzimmertisch gesprungen und habe, naja die Teetasse dort vom Tisch gefegt.“

Erzählt er kleinlaut weiter.

„Dann habe ich auch noch die Maus aus den Augen verloren und finde sie nicht mehr.“

Die Schnecke überlegt – kaut – atmet – schaut sich um.

„Warum wolltest du die Maus fressen?“

„Miau, na hör mal. Ich bin doch schließlich ein Kater und Katzen jagen nun mal Mäuse. Erst recht, wenn sich eine in mein Haus wagt. So ist schließlich unsere Natur.“

Sie denkt nach – kaut – atmet – und schaut sich um.

„MMM, du bist doch eine Hauskatze. Eigentlich könntest du dir ein angenehmes Leben machen und keine Pfote krümmen müssen. Schließlich bekommst du doch jeden Tag dein Futter vor die Nase gestellt. Also für was Quälst du dich wegen einer Maus im Haus? Statt den Teppich mit deinem Blut zu verschmutzen könntest du alle viere von dir strecken und es dir darauf, schmerzfrei versteht sich, gemütlich machen. Schmeckt dir dein Futter nicht oder verschluckst du gern deine eigenen Zähne?“

Der Kater verdreht seine Augen und weiß grad keine Antwort. Er denkt nach und putzt weiter seine Pfote.

„Wenn ich du wäre, würde ich die Maus, Maus sein lassen und es genießen, dass mich mein Mensch verwöhnt.“

Wieder denkt sie nach – kaut – atmet – blickt sich um.

Er denkt auch nach liegt am weißen Teppich und putz weiter seine Pfote, dabei ist sie bereits wieder sauber.

Es ist still, plötzlich geht die Wohnzimmertür auf und im selben Moment huscht eine graue Maus aus der Tür hinaus.

Der Kater hat sie nicht gesehen, aber die Schnirkelschnecke ist ein guter Beobachter, sagt nichts, kaut – atmet – und schaut sich weiter um.