© by Wine van Velzen

Mein Sohn

 In wenigen Tagen wird mein Sohn seinen 40. feiern. Ein Grund, mich hinzusetzen, um aufzuschreiben, was er als Kind so alles von sich gegeben hat. 

Jens war 5 Jahre, als er das erste Mal in die Kirche ging. Angelockt hatte ihn der Gesang, den man auch auf dem Spielplatz hörte, der neben dem Gotteshaus war. Vom Fenster aus konnte ich hinübersehen, denn unser Haus stand gegenüber. Nur eine schmale Straße trennte uns. So konnten die Kinder spielen gehen und ich hatte sie im Blick.

Mein Sohn kam nach einer Stunde völlig aufgelöst nachhause und es sprudelte nur so aus ihm heraus:

„Mama, ich war in der Kirche, da gab es eine Messe, oder so was Ähnliches.“

„Oh, das ist ja schön“, antwortete ich.“ Hat es dir gefallen?“

„Und wie! Die Leute haben so schön gesungen und die Musik dazu war so laut, dass es in meinem Bauch gekribbelt hat.“

Ich lachte und fragte ihn, ob er wieder in die Kirche gehen wollte, wenn eine Messe stattfand.

Jens runzelte die Stirn und schien angestrengt zu überlegen.

„Ich weiß nicht, Mama. Die Lieder waren schön und auch der Pfarrer hat sich angestrengt, eine Geschichte zu erzählen. Die habe ich aber nicht richtig verstanden.“

„Aber?“, fragte ich nach.

„Irgendwann sind ganz viele Leute aufgestanden und sind zum Pfarrer gegangen. Jedem hat er einen weißen Keks in die Hand gegeben. Ich wollte auch einen und habe mich in die wartende Reihe gestellt. Als ich dann endlich dran war, sagte der Pfarrer, ich würde die Hostie nicht bekommen, weil ich noch zu klein bin. Ich sagte dann, ich will keine Hostie, sondern den Keks. Der Pfarrer meinte dann, ich muss erst beichten und Kommunion haben, bevor ich ihn bekommen würde. Dann legte er die Hand auf meine Schulter und schob mich weg, dass er dem Nächsten einen Keks geben konnte.“

Jetzt musste ich doch lachen und versuchte meinem Sohn zu erklären, was es mit der Hostie, dem Beichten und der Kommunion auf sich hat. Jens hörte zu und entschied dann:

„Wenn die Leute wieder in die Kirche gehen, um zu singen, werde ich auch reingehen und zuhören, aber ich stelle mich nicht mehr an, um einen Keks zu bekommen.“