© by Wilhelm Maria Lipp

Da Blunznjaga

 

Die Familie Mader hat ihren Bauernhof schon seit Generationen. Als der Sohn Alfred zu einem Fleischer in die Lehre ging, ahnte er nicht, wie das für sein Leben einmal bedeutsam werden würde. Nach der Gesellenzeit wurde er Meister und war ganz glücklich in seinem Beruf.

Nie hatte Fredi gedacht, dass er einmal die Wirtschaft übernehmen würde. Dann gab es den tragischen Forstunfall und sein Bruder, der Hoferbe, wurde von einem umstürzenden Baum erschlagen. Fredi wurde gedrängt, den Hof zu übernehmen.

 

So war der neue Bauer, Fredi, zugleich auch Fleischermeister und wollte daraus auch für seinen Betrieb Vorteile herausholen.

Also wurde ein Saustall gebaut und Schweine gemästet, sodass jeden Monat ein paar Schweine geschlachtet werden konnten, die von Fredi fachgerecht gehackt wurden und danach zu allerlei schmackhaften Produkten verarbeitet werden konnten. Gesurtes, Geselchtes, Hauswurst, Bratwurst, Leberwurst, Blutwurst, Sulz, aber auch Schnitzel und Schweinsbraten, Schmalz und Grammeln wurden danach ab Hof verkauft.

 

Übrigens war Fredi auch ein leidenschaftlicher Jäger und Obmann der Bauernjagd. Er verarbeitete auch seine Jagdbeute zu gesuchten Wildspezialitäten. Weit und breit war seine Hirschwurst gefragt.

 

Wieder einmal war Sautanz am Hof. Fredi hatte mit seiner Frau Renate die Blutwürste fertig gefüllt. Sie lagen in der Wirtschaftsküche auf einer Kredenz neben dem Herd und mussten nur noch in den Wurstkessel gelegt und gekocht werden. Das sollte seine Frau erledigen. Fredi wurde von einigen Jagdkameraden auf den Hof geholt. Sie schauten sich seine neue Schrotflinte an und überlegten, ob sie sich auch so eine kaufen wollten.

 

Renate nahm inzwischen eine Blutwurst nach der anderen und hob sie mit einem langen hölzernen Kochlöffel in den Suppenkessel. Sie musste sehr vorsichtig arbeiten, dass ihr keine Wurst riss und das Brat in den Kessel rinnen konnte. Zwar freuten sich alle Helfer beim Sautanz auf die Kesselsuppe abends, aber absichtlich sollte diese nicht zu dick werden.

 

Als Renate wieder so vorsichtig hantierte, bemerkte sie im Augenwinkel eine Bewegung bei der Kredenz. Sie dachte, sie sehe eine dunkle Schlange zwischen Kredenz und Wand, die am Boden schlängelte und schrie voll Angst aus Leibeskräften: „Bau! Bau, kumm eina! A Schlaung! Hüf ma, a Schlaung is do!“

Sepp nahm die Schrotflinte, lief in die Wirtschaftsküche und fragte noch, wo die Schlange sei. Renate deutete unter die Kredenz und flüsterte zitternd: „Do unten is´s! Moch wos!“

 

Sepp entsicherte das Gewehr, hielt es unter die Kredenz und drückte ab. Sein etwas größerer Bauch hatte es verhindert, dass er schauen konnte, worauf er schoss. Aber als Blut unter der Kredenz hervor kam, wusste er, er hatte getroffen.

 

Seine Jagdkameraden, die ihm in die Wirtschaftsküche gefolgt waren, entdeckten die erschossene Blutwurst unter der Kredenz. Sie war zwischen Kredenz und Mauer hinuntergerollt.

Seit damals wurde Sepp nur noch „da Blunznjaga!“ genannt.