© by Michaela Lipp

Meine erste Fahrstunde

 Ich wuchs in einem kleinen Dorf auf.

Mit 15 ging ich in die Lehre, an meinem 18. Geburtstag hatte ich meine letzte, mündliche Prüfung. Dann erst haben mir meine Eltern erlaubt, den Autoführerschein zu machen. Da ich ja einen Mofa Führerschein hatte, der in dem Jahr aktuell wurde, in dem ich 15 wurde, war ich eine der ersten mit diesem Führerschein. Zuvor waren alle und jeder einfach schwarz mit den Mofas gefahren. Also für mich dauerte das zwei Sommer lang. Da ich damals einen Freund mit Motorrad hatte, war es kein Problem von A nach B zu kommen. Er hatte auch ein Auto, als meine Eltern noch immer mit dem Rad, dem Zug oder dem Mofa fuhren.

Nun aber wollte ich auch Auto fahren lernen. Mein Vater, der Polizist, hatte mir strengstens verboten, mit einem Auto schwarz zu fahren. Also wusste ich so gut wie nichts vom Autofahren. Und mein Freund hielt sich an das, was der Herr Polizist gesagt hatte.

Ich ging also brav in die Theorie, meine Mutter ging mit, sie wollte auch das Autofahren erlernen.

Bald durfte ich meine erste Fahrstunde machen, da ich flott lernte und auch leichter als meine Mutter, die damals knapp vierzig war.

Aufgeregt stand ich vor der Haustüre, dort holte mich der Fahrlehrer ab. Zuerst zeigte er mir, wie ich den Sitz einstellen musste, dass ich auf die Spiegel achten sollte, wie sie richtig eingestellt wurden, wie ich mich anzugurten hatte. Damals gab es noch keine Gurtpflicht, aber er war dabei sehr streng und meinte: „Ich kann es dir nicht erlauben, dass du ohne fährst. Gurte dich einfach an, fertig!“

Das ging dann schon ins Blut über. Nun, jetzt saß ich im Auto, Sitzhöhe und Abstand passte und auch die Spiegel waren gut eingestellt. Er erklärte mir, wo die Kupplung ist, das Gaspedal und die Bremse. Natürlich verwechselte ich es sofort auf der Stelle. Als ich das Auto starten sollte, würgte ich es erst mal ab.

Er hatte einen neuen Plan. Ich musste meine Beine nur hinstellen. Ich übernahm das Lenkrad und durfte lenken. Mein Lehrer bediente die Pedale von der Beifahrerseite aus. Danach stellten wir fest, dass ich links und rechts verwechselte. Aber er lachte und meinte: bis zum nächsten Mal hast du einen Ring am Finger. Am besten links. So schlichen wir quasi die erste Fahrstunde von meinem Zuhause bis zum nächsten Dorf auf dem Wirtschaftsweg und wieder zurück. Ich lernte das Blinken, die Scheibenwischer zu betätigen und die Hupe und das Lenken. Dann waren wir wieder bei mir zuhause.

Einige Zeit später hatte ich das mit dem Anlassen, Gas geben, Anfahren, Bremsen und gleichzeitig Lenken und Blinken und so weiter gelernt. Natürlich habe ich das arme Auto doch noch ab und zu abgewürgt, obwohl der Golf Diesel eigentlich recht gutmütig war. Aber so langsam lernte ich es. Als der Fahrlehrer auch merkte, dass es sich gar nicht vertrug, dass ich direkt vor oder nach meiner Mutter fuhr, wurde das auch weggelassen.

Ich lernte die Berganfahrt, das schnelle Notbremsen ohne zu verziehen und anderes. Es dauerte auch einige Zeit, bis ich die Abstände zu anderen geparkten Autos einschätzen konnte. So bremste er mich einmal ab, als ich nur eine Handbreit an einem anderen vorbeifuhr und ich scheinbar den Spiegel mitnehmen wollte. Da stand ich in einer Einbahnstraße und zitterte. Ich traute mich nicht mehr, weiter zu fahren. Er griff mir ins Steuer und lenkte mich vorbei. Dann ging es weiter. Viele Hoppalas gab es. Immer holte mich der Schüler ab, der vor mir dran war und den ich dann heimfahren durfte. Meistens hatte ich einen Schüler vor mir, dem ich immer eine sehr kurvige, steile Strecke verdankte. Den nächsten holte wiederum ich ab, er durfte danach mich heimfahren. Auf dem Land war das damals nicht so einfach, wie in der Stadt, da fuhr so gut wie nie ein Bus, ein Zug zu den richtigen Zeiten.

Oft war ich zur letzten Stunde dran, da mein Lehrer nicht weit weg von uns wohnte. Wenn ich ausgestiegen war, setzte er sich nicht um, sondern legte gleich von der Beifahrerseite aus einen Gang ein und lenkte auch von dort aus bis zu sich nach Hause. Gut dass wir nicht an der Hauptstraße wohnten, sondern in einem relativ ruhigen Wohngebiet.

Dieser Fahrlehrer war auch der meiner Mutter. Somit hielt sich die Kritik meines Vaters immer in Grenzen.

Einmal gab es noch einen Eklat:

Ich war mit meiner theoretischen und praktischen Prüfung durch. Mutter machte erst die Theorie. Eine ehemalige Schulkollegin war im gleichen Kurs wie sie. Auch sie war nur zur Theorie angemeldet.

Sie beschwerte sich damals bei mir, dass sie von Mutter so nervös gemacht wurde, dass sie durchgefallen war.

Ein Jahr später dann hatten auch meine Eltern ihr erstes Auto, einen alten gelben Golf, der schnell einige Dellen mehr hatte. Mutter mochte anscheinend die Ecken des Autos nicht.

In dieser Zeit fuhr ich schon mit meinem eigenen Auto, einem feuerwehrroten Fiat Bambino, 650 Kubik, 23 PS.

Übrigens, ich bezahlte meinen Führerschein, meine Prüfung und auch mein Auto von meinem eigenen Geld. Keiner hat mich da finanziell unterstützt.

Meinen Fiat, mein Muggele, den werde ich auch nie vergessen. Mit ihm habe ich viel erlebt. Das sind aber andere Geschichten.