© by Wilhelm Maria Lipp

Schnapsen

 

Mein Opa hat mir diese Geschichte erzählt, die in seinem Heimatdorf um 1930 passiert sein soll.

 

Am Sonntag waren die Gläubigen in der Messe. Ein paar Männer allerdings nutzten diese Zeit fürs Gasthaus. Nach der Messe war Rindermarkt.

Beim Schnapsen gingen die emotionalen Wogen hoch. Mit den Emotionen stiegen auch die Einsätze und der Bierkonsum. So spielten bald zwei Männer ihre Spiele mit jeweils einem Einsatz von 1000 Schillingen. Der eine war ein Fremder, der andere war der größte Bauer, er hatte den ersten Traktor im Ort.

Die anderen unterbrachen der Reihe nach ihre Spiele. Es wurde still im Lokal. Alle folgten dem Zweikampf. Mal gewann der Fremde, dann wieder der Bauer. Der Fremde war bald fünf Spiele im Vorteil. Alle hielten dem einheimischen Bauern die Daumen.

 

Dann schlug der Fremde vor und deutete auf die Kuh, die vor dem Wirtshaus am Baum angebunden war. „Alles Geld, das ich gewonnen habe, und die Kuh gegen deinen Traktor!“

Der Bauer war einverstanden. Die Zuschauer wurden Mucks Mäuschen still. So ein hoher Einsatz. Wer war der Fremde, der sich so etwas leisten konnte? Sicher ein Interessent beim Rindermarkt. Der einheimische Bauer musste ziemlich angeheitert sein, setzte er doch gedankenlos seinen Traktor ein, den Traktor, mit dem er schon dem einen oder anderen hier ausgeholfen hatte. Ist der wahnsinnig? Was geschieht, wenn er verliert?

 

Gott sei Dank! Er gewann dieses Spiel.

 

Der Fremde, stand auf, zahlte beim Wirten und ging. Die Freude des Großbauern trug ihre Früchte. Er hielt das ganze Lokal feil. Seine „Freunde“ tranken auf ihn und feierten ihn.

 

Als dann die Messe aus war und der Rindermarkt beginnen sollte, packten die Wirtshausgeher ihre Sachen zusammen, holten ihre Frauen (damals sagten sie, ihre Weiber) von der Kirche ab und eilten zum Marktplatz.

 

Der Großbauer zahlte die nicht unbedeutende Zeche, ging raus aus dem Wirtshaus, wollte die Kuh mitnehmen, die er heute gewonnen hatte und band sie vom Baum los.

 

Da rief der Nachbar vom Wirten: „Was machst du mit meiner Kuh?“ – Er wollte sie zum Rindermarkt bringen und hatte sie während des Frühschoppens an den Baum gebunden.

 

Der fremde Kartenspieler wurde nie mehr in diesem Dorf gesehen.