© by Maria Gansch

 

Missverständnis

 Am Tisch schräg gegenüber sitzt ein jüngerer Mann. Er sieht sportlich aus. Der hat sicher keinen Kugelbauch unter der Tischplatte versteckt. Sein Haaransatz ist nur mäßig nach hinten gerutscht. Die etwas längeren graumelierten Haare sind an den Schläfen fast weiß. Er blickt mich freundlich an. Plötzlich lächelt er und zeigt auf seine Brust. Ich weiß nicht was das bedeutet. Heißt das, dass sein Herz ganz laut klopft. Ich bin sehr verlegen und werde rot. Soll ich zu flirten anfangen? Mich reizt es, dieses Spiel mitzumachen.

Plötzlich fühle ich mich um Jahre zurückversetzt. Einmal noch jung sein, dass Gefühl haben, als Frau begehrt zu werden. Soll ich genauso unverschämt zurücklächeln? Mir ist es peinlich, weil ich immer so schnell rot werde. Es wäre viel praktischer, wenn die Röte bei den Knien wäre, dann würde sie nicht so auffallen. Nach einigen leisen Zweifeln im Hinterkopf bin ich bereit den Frühling neu zu erleben, vielleicht kann ich meinen Herbst damit vergolden. Herausfordernd blicke ich mein Gegenüber an. Der lächelt wieder und klopft auf seine Brust. Irritiert zucke ich mit den Achseln.

Gewiss, mein Herz klopft laut bei der Aussicht auf ein Abenteuer der besonderen Art. Mit einer Geste fordert er mich auf, mit ihm nach draußen zu gehen. Während ich noch überlege, ob der Spruch meiner Mutter noch zeitgemäß ist, dass ich ja keinem Mann nachlaufen soll, klopft mir eine junge unbekannte Frau auf die Schulter.

„Entschuldigen Sie! Mein Mann will Ihnen die ganze Zeit sagen, dass Sie einen gelben Fleck auf der Bluse haben.“