© by Karin CH. Taferner

Bloom

Schaut mich an. Ich schaue über euch hinweg. Ich verstecke mich nicht mehr. Ich zeige mich. Nackt, ungeschminkt, unrasiert. Ich stehe vor euch. Brauche keine Hülle, ließ die Masken fallen. Das bin ich. So bin ich. Ich habe gegessen, habe genossen, habe gelacht und geweint. Ich bin hier. Umrahmt von weißen Wänden, bestaunt von hundert Augen.

Schaut meine Arme, wie sie schwingen neben meinen vollen Hüften, nach vorne, nach hinten. Sie führen die Hände, nach vorne, nach hinten. Mein Körper spricht zu euch. Das Gesicht schaut in die Ferne, durch die Tür in die andere Welt.

Schaut meine Unterarme, die Handflächen. Ihr dachtet, ich sei nackt. Doch seht ihr nur das, was ich euch zeige. Schaut meine Achseln, das schwarze Haar, das dort sprießt. Das bin ich. So bin ich.

Schaut meinen Rücken, meinen Nacken, wenn ich mich nach vorne beuge, mit den Händen den Waden entlang streife und mich verneige. Nicht vor euch. Vor dem Wunder Mensch, dem Wunder das wir alle sind. Das erst in der Stille Aufmerksamkeit erfährt, in völliger Reduktion.

Schaut meine Flanke, die Luxusröllchen an meinem Körper. Das bin ich. Das ist die Natur des Menschen. Es geht nicht um Perfektion aus dem Fitnessstudio, von der Hungerkur oder dem Operationssaal. Ich bin perfekt und das zeige ich euch. Denn ihr seid auch perfekt. So wie ihr seid, anders, aber vollkommen.

Hört meine Stimme. Ich brauche keine Worte, die Stimme spricht. Ihr versteht das leise Summen, das Jaulen, das Wimmern. Mein Schrei nach Anerkennung, nach Respekt vor dem Leben.