© by Christiana Zöchling

Heute wurde mir bewusst, dass es wieder mal Zeit für einen Mann in meinem Leben wird. Ich werde schon seltsam. Mit sich selber reden ist ein schlechtes Zeichen, hab ich mal gehört. Aber sich selber zuprosten, mit einem Glas Rotwein, das erwähne ich lieber nicht in der Öffentlichkeit. So eine „Hab mich lieb Jacke“ hat man schneller als man denkt.

Es ist ja nicht so, dass ich nicht wollen würde. Und auch an mangelnden Männerbekanntschaften läge es nicht. Aber bisher waren nur Frösche dabei. Alles nur Frösche.

Dabei begann manche Romanze ganz wunderbar. Ich will euch die Geschichte von Fritz (Name von der Redaktion natürlich geändert)nicht vorenthalten. Ich lernte ihn in einem Singleportal kennen. „Was? Nicht gleich doof reden, soll ja bereits manchmal funktioniert haben.“  Beim Schnelldurchlauf klickte ich mich durch die Männerwelt. Jeder, der mir gefiel, wurde angeklickt und zuerst im Profil durchleuchtet, bevor ich „gefällt mir“ drückte. Ein ziemlicher Aufwand, ich weiß. Ich wollte aber im Vorhinein  wissen, ob der Kandidat Raucher oder Nichtraucher und wie weit entfernt er seinen Wohnort hatte. Nur bei Fritz nicht. Da war mein Finger schneller. Kein Überlegen, keine Profilanalyse, nichts. Nur „gefällt mir“! Sein Lächeln, seine liebevollen Augen haben mich sofort gefangen genommen. „Geflasht“ sozusagen auf Neudeutsch. Und er schrieb mich natürlich auch prompt an.

Beim Schreiben fiel mir seine Ausdruckweise sofort positiv auf. Er war nach Wochen der mühsamsten Kommunikationen und Konversationen, der Erste, der einen total stimmigen, geraden Satz formulieren konnte. Grammatikalisch und „Rechtschreiberisch“ richtig und deutlich mehr Wörter, als „Hey, wie geht’s?“ Wir schrieben stundenlang und es war alsbald um mich geschehen. Ein charismatisch, intelligenter Mann mit Niveau. Halleluja, Jackpot!

Bis ich mir sein Profil genauer ansah. Ich fiel aus Wolke sieben. Fritz kam aus Osttirol und war verheiratet. Schöne Schei…, wie konnte es sein, dass jemand in einem Singleportal auf Suche geht, wenn er doch verheiratet ist? Nein, ich bin nicht blöd, aber offensichtlich ziemlich naiv, das gebe ich zu. Ich gehöre zu den wenigen, die glauben, ein Singleportal ist nur für Singles. Ich sollte noch einige andere Erfahrungen zu diesem Thema machen. Nun, ich schrieb ihm. Ziemlich abgekühlt, verständlicherweise. Das berührte ihn aber wenig. Er meinte nur, dass das in seiner Verantwortung läge. Er wisse, was er tut. Seine Frau möchte ihn nicht mehr in ihrem Bett. Ist das jetzt ein Freischein? Hmm, für mich nicht. Trotzdem schreibe ich weiter mit ihm. Es ist ja seine Verantwortung. Was irgendwie auch stimmt. Okay, wir schreiben ja nur. Osttirol ist nicht um die Ecke. Seine Ausdrucksweise ist nach wie vor gewählt, er schickt wunderschöne WhatsApp und Bilder aus seiner unglaublich schönen Heimat. Manchmal nimmt er mich per Fotos auf seinen Wanderungen mit und ich mache es genauso.  Meine Verliebtheit wird wieder stärker. Hallo, kennt hier niemand den Film „E-Mail für dich“? Hat es doch alles schon gegeben, oder?

Wir sind auf einer Wellenlänge, haben denselben Humor, denselben Musikgeschmack und er kann und mag tanzen. Wie gerne würde er mich in seinen Armen im Walzerschritt über die Tanzfläche führen, schreibt er. Irgendwann reicht uns schreiben nicht mehr. Nervös warte ich auf den versprochenen ersten Anruf. Es klingelt. Oh mein Gott. Zittrig nehme ich das Gespräch an und ein tiefe, sonore Stimme, absolut erotisch, ertönt am anderen Ende. Wohl gemerkt, vierhundert Kilometer entfernt. Was beim Telefonieren nicht weiter auffällt. Auch meine Stimme, ich versuche natürlich sie ein wenig sexy klingen zu lassen, gefällt ihm.

Ich träume mir eine Zukunft. Seine Frau will ihn ja nicht mehr. Was er mir bisher nicht mitgeteilt hat, ist die Tatsache, dass er nicht die Absicht hat, sich von seiner Frau zu trennen.  Irgendwie macht ihn das auf eine perfide Art, noch interessanter. Immerhin verlässt er seine Frau nicht mir nichts, dir nichts.

Wir schreiben und telefonieren aber weiter. Manchmal kommen mir so Gedanken, wie: „Ist ja klar, dass er sich nicht so schnell entscheiden will. Ist ja eine Lebensentscheidung. Er arbeitet in Osttirol, seine Kinder leben dort. Außerdem haben wir uns noch nicht persönlich kennen gelernt. Und dann noch so Sachen, wie: Camilla hat ihren Prinzen auch erst noch Jahren bekommen. Ein bisschen warten lohnt sich allemal. Aber wie weiter?

Erst mal ein erstes Treffen abwarten. Warten, warten, warten. Das Treffen, einige Male fixiert, verschiebt er immer wieder. Ich setze mir ein Zeitlimit. Wenn er bis dahin nicht die Zeit findet, sich mit mir zu treffen, beende ich das Spiel. Denn für ihn scheint es nur Spiel zu sein. Langsam versteht es auch mein naiver Geist. Er will nicht. Schreiben und tun sind zwei Paar Schuhe. Doch dann plötzlich, nach einem dreiviertel Jahr, kommt ein Treffen zustande. Kurz vor Ablauf meines Zeitlimits, das ich ihm nie mitgeteilt habe.

Wir treffen uns in der Mitte, am Hauptbahnhof in Salzburg. Ich sehe ihn schon von weitem. Er sieht auch aus der Nähe atemberaubend toll aus. Da es Winter und saukalt ist, sind wir zwei eingemummelt in Schal, Haube, Stiefel und Handschuhe. Wir schauen uns in die Augen und küssen uns, als ob wir das schon tausend Mal gemacht hätten. Wir sind sprachlos und doch wieder nicht. Alles ist einfach. Es ist wie am Telefon. Wir verstehen uns. 

Langsam kriecht die Kälte in unsere Mäntel und wir beginnen uns nach einem Kaffeehaus in der Nähe umzusehen. Wir gehen Hand in Hand und mein Herz jubelt. Es hat nun die Bestätigung, dass es Recht hatte. Warten lohnt sich!

Wir reden, lachen, schauen uns ganz tief in die Augen und sehen die Liebe im anderen. Ich sehe mich schon an seiner Seite, Tag für Tag, wenn ich ihm das Frühstück mache nach einer durchgeliebten Nacht. Nachmittags muss er nach Hause zurück. Er drei Stunden und ich ebenfalls. Der Abschied ist nicht leicht, aber ich weiß jetzt, was ich möchte. Ich möchte mit ihm zusammen sein. Zumindest jeden Monat ein Mal. Ist das zu viel verlangt?

Nun, wir schreiben noch immer. Es ist wieder ein Jahr vergangen. Kein Treffen, keine Begegnung mehr. Aber soll ich jetzt aufgeben?