© by Michaela Lipp

Ein ganz normales Weihnachtsfest

 4:45 Uhr

Der Wecker klingelt. Es ist Heilig Abend und ich werde gleich zur Arbeit gehen. Ich habe so schlecht geschlafen, es sind immer so anstrengende Tage im Verkauf.

Also raus aus dem Bett und in die bequemen Arbeitskleidung hinein, eine Tasse Kaffee. Mein damaliger Mann sagt mir noch, was ich nicht vergessen soll, mitzubringen und so nebenbei: „Erschrick nicht, ich habe kein Geschenk für dich, wir wollten uns ja dieses Jahr nichts schenken. Nur den PC im November.“ Ich nicke, schlucke und gehe dann hinaus. Auto abkratzen und los geht es. Um diese Uhrzeit ist eh keiner auf der Straße unterwegs.  Heute darf ich nicht auf meinen *normalen * Parkplatz parken, nein ich muss mich ein ganzes Stück weit weg hinstellen. Den Kunden wird heute jede Möglichkeit zum Parken gegeben. Es ist Großkampftag.

Halb sechs, wir räumen Obst und Gemüse ein. Meine Kollegin Traudl singt und erzählt, ich bin so müde, so traurig, am liebsten würde ich zu ihr sagen: „Kannst du nicht mal eine halbe Stunde ruhig sein?“ Aber ich lasse es. Die bestellte Waren stellen wir in die Kühlhäuser und schauen auf die Uhr. Schnell die eigenen Einkäufe  soweit zusammensuchen und dann helfen wir den anderen. Brote einräumen, auch da die Bestellungen richten. Wurst und Schinken. Wieder ein Blick auf die Uhr.

Dann gehen wir alle zusammen in den Aufenthaltsraum und wir trinken Kaffee und essen ein paar Semmerl. Eine Zigarette noch und dann werden die Kassen bestückt und der Laden aufgesperrt.

Schon stürmen die Kunden herein. Sie wirken gehetzt. Dabei haben wir schon zwei Stunden gearbeitet. Freundlich grüßen wir, verkaufen wir, kassieren wir und verabschieden die Menschen, die schon in Weihnachtsstimmung sind. Innerlich weine ich bitterlich, aber das darf heute keiner merken.

Stunde um Stunde geht herum. Zwischendurch löst mich eine Kollegin ab, ich darf kurz Pause machen, etwas essen, WC, dann klingelt die die Kasse schon wieder. So vergeht der halbe Verkaufstag ohne dass ich viel nachdenke.

Es ist 13 Uhr, der Laden wird geschlossen. Schnell kommt noch ein Kunde durch, der unbedingt Katzenfutter braucht. Wir wollen ja nicht so sein, die armen Tiere sollen auch an Weihnachten nicht leiden müssen, obwohl ich mich dann doch frage, ob man das nicht schon ein, zwei Wochen vorher einkaufen könnte. Aber jetzt!

Wir atmen alle auf und durch. Jetzt müssen wir selbst unsere Sachen bezahlen gehen. Dann beginnt die Aufräumarbeit. Die Wursttheke leer räumen und desinfizieren. Alle Platten und Gabeln spülen, die Maschinen putzen.

In der Brotabteilung das gleiche. Am Gemüsestand muss auch noch so viel verräumt werden. Inzwischen können die Kassiererinnen ihre Kassen zählen. Bis dann noch der Laden geputzt ist und die Abrechnung erledigt ist vergeht eine gute Stunde. Aber dann dürfen auch wir nach Hause. Ach kurz noch bei der Bank vorbei, das Geld einzahlen.

Jetzt ist es 14 Uhr vorbei.

Ich fahre nach Hause. Gottseidank kein Schnee obwohl ja weiße Weihnacht viel schöner wäre. Aber ich freue mich einfach, dass ich raus kann. Und unfallfrei nach Hause komme.

 Da sitzen nämlich schon die ersten Verwandten, die auf Kaffee und Kuchen warten. Der Kaffee ist fertig, den Kuchen schneide ich auf. Meine Lebensmittel hole ich auch danach aus dem Auto und beginne, sie wegzuräumen. Die große Pfanne steht bereit, ich lege die Schaschlik ein und stelle sie ins Rohr. Die Kinder laufen um mich herum. Sie sind ganz aufgeregt. Aber ich schäle noch Erdäpfel und stelle den Salat bereit.

Ich könnte jetzt auf der Stelle einschlafen.

Dann ist es Zeit, ich schnappe mir die Kinder, nachdem ich mich umgezogen habe, und gehe mit ihnen in die Evangelische Christmette, die ist schon am Nachmittag.

Dort warten schon meine Eltern auf mich. Sie freuen sich auf die Kinder und die Messe. Ich mich auf einen Moment sitzen und ruhen. Ich glaube aber, Gott weiß das, dass die Verkäuferinnen und die Mütter an so einem Tag müde sind und er ist nicht böse, wenn man ein wenig zur Ruhe kommt bei ihm.

 Die Messe ist am  Ende, die Kinder auch mit den Nerven. Jetzt geht es wieder nach Hause.

 Jetzt sitzen alle erwartungsvoll am Esstisch: Meine Eltern, die Verwandten und die Kinder. Ich püriere die inzwischen fertigen Erdäpfel und mariniere den Salat. Dann sind die Schaschlik fertig. Der Tisch gedeckt und wir essen alle.

 Meine Schwägerin hat Nachtisch mitgebracht. Danke dafür. Auch sie hat müde Augen, sie ist Krankenschwester und hatte Nachtdienst.

 Juhu, die Kinder springen auf, das Essen ist fertig.

Alle gehen ins Wohnzimmer. Der Kindesvater schenkt Wein und Bier ein, die Kinder bekommen Limonade.

Ich die schmutzige Küche.

Also aufräumen, saubermachen.

Die Kinder quengeln schon: „Wann bist du fertig? Wir wollen Bescherung machen!“

Aber diesen Moment nehme ich mir einfach, dass die Küche einigermaßen gut aussieht.

Ich sinke aufs Sofa, mein Mann übernimmt die Geschenke-Verteilung.

Wie schön unser Baum aussieht, ich bewundere das, was meine Männer heute geschafft haben, während ich bei der Arbeit war.

Zuvor hatte ich noch keine Zeit.

Dann betrachte ich, wie sich die Kinder freuen. Wie sie stolz den Großeltern selbst gebasteltes überreichen und tolle große Geschenke bekommen. Sogar Ewald freut sich über seine neue Säge, die ich ihm besorgt habe.

Alle Erwachsene haben mindestens ein Geschenk vor sich liegen und die Kinder noch mehr. Da bemerke ich, dass keines vor mir liegt, dass niemand überhaupt nur an mich gedacht hatte. Jetzt laufen mir die Tränen übers Gesicht. Enttäuschung und Müdigkeit macht sich breit.

Ich werde so, wie ich da sitzte, fotografiert. Sie freuen sich, dass ich gerührt bin.

Ja es ist ein wunderbares Weihnachtsfest.