© by Eva Novotny

Die Last

Manchmal ist es mir, als trüge ich einen Sack voll von Steinen.
Sie graben sich in den Rücken, Sie drücken,
sie bedrücken, sie ziehen  hinunter.
Ich habe Angst, nicht mehr auf zu können.
Kann mir jemand tragen helfen? Ist jemand in der Nähe?
Ich gehe am endlosen Weg. Niemand ist weit und breit
unterwegs. Rundum flaches, leeres Land, Horizont in der Ferne.
Wohin gehe ich? Wo ist mein Ziel?
Während ich gebückt von der Last nach unten blicke,
nichts als Steine sehe, fühle ich wie mein  Sack
nach und nach leichter wird.
Habe ich mich an die Last gewöhnt?
Oder hat ein Unsichtbarer die Steine leicht wie Styropor
werden lassen? Oder ist dieser noch tiefer gebückt
unter meinem Sack gewandert? Hat er mitgetragen?
Ich kann mich wieder aufrichten, nach vorne blicken.
Am Horizont sehe ich Mauern aus Stein. Eine Stadt aus Stein.
Kann ich dort meinen Sack abladen, mit meinen Steinen die Mauern verstärken Mit den Stein gewordenen Tränen Türme errichten?
Vielleicht treffe ich dort andere, die ihre Lasten bringen?
Die ihre Steine abladen, Steine aus denen wir
gemeinsam Brücken bauen. Brücken wohin?
Brücken zu den Verschütteten, zu den Vergrabenen,
zu denen, die in steinernen Höhlen hausen, in einsamen
Felswänden hängen, nicht vor und zurück können.
Brücken, die Leben zulassen, die alle Steine in sich aufnehmen
und fest werden lassen, die jedem Hochwasser standhalten,
als fester Boden unter den geschundenen Füßen.
Und ich sehe wie alle Brücken zu einem Punkt zusammenlaufen, wie sie
ineinander treffen, dort wo Himmel und Erde sich vereinen,
dort wo der große Regenbogen seine Wurzeln hat. Die Türme und Mauern beginnen zu stürzen, die Steine zerfallen zu Pulver,
und auf weichem Boden drücke ich meinen Fuß
umgeben vom glitzernden Staub, der noch übriggeblieben ist.
Die Festigkeit, die Härte ist verwandelt in Weiches, Seidiges, Warmes
zum Hineinlegen zum Einsinken, um Schlaf und Ruhe zu finden.
Ein einziger Ton klingt wie silberne Musik, und er klingt und klingt.