© by Ingrid Krüger

Abenteuerliche Autofahrt

 An einem September Abend streunten zwei fremde Jagdhunde auf unseren Wiesen umher.

Mein Rüde begrüßte sie hocherfreut – es waren zwei Hündinnen – Mutter mit ihrer fast gleich großen Tochter.

Ich gab ihnen Wasser und zu fressen. Sie hatten mich auf der Stelle „so lieb gewonnen“, dass sie mir folgten, als ich ins Haus ging.

Ich entschied, sie über Nacht im Haus zu lassen.

Am nächsten Tag versuchte ich in Erfahrung zu bringen, wem sie gehörten.    Fehlanzeige!

Sie in das Tierheim zu bringen, kam für mich nicht in Frage. So beschloss ich, sie zur 8 km entfernten Polizeistation zu bringen. Schließlich waren sie ja „Fundgegenstände“.

Mein kleiner Kombi war mit einem Gitter als Abtrennung vom Lade- zum Fahrgastraum ausgestattet. Es war aber nicht genau passend, sprich es gab links und rechts einen etwa 15 cm breiten Spalt.

Ich verfrachtete die beiden Ladys in den Laderaum und trat die Fahrt Richtung Polizeistation an.

Bereits nach ca. 500 Metern machten sich die beiden den Abstand zu Nutze, zwängten sich durch und sprangen – freudigst wedelnd – zu mir nach vorne.  Ich blieb stehen, verfrachtete sie wieder in den Laderaum.

Dieses Schauspiel wiederholte sich noch zwei Mal.

Nach weiterer kurzer Fahrt hatte ich „Mutter-Hund“ als liegende Beifahrerin, ihr Hinterteil sowie der Schwanz schmiegten sich an den Schalthebel. „Tochter-Hund“ fand es auf meinem Schoss am bequemsten.

Klar – sie wieder nach hinten verfrachteten zu wollen – war völlig sinnlos.

Die Bedienung der Gangschaltung war somit fast unmöglich geworden. Mit den Pedalen war es auch nicht gerade einfach. So fuhr ich im dritten Gang mit Tempo 40 bis50 Richtung Polizei. Manchmal sogar noch langsamer, weil Hunde-Mutter fand, zu wenig zu sehen.

Sie richtete sich auf, saß kerzengerade am Beifahrersitz, schnüffelte an mir herum und „gab Pfötchen“. Da ich auf ihren Wunsch nach Zuneigung nicht reagierte, zerrte sie mit ihrer Pfote an meiner rechten Hand. Na gut – so nahm ich halt ihre Pfote, stellte sie wieder auf den Sitz und legte meine Hand darauf. Damit war sie zufrieden. Bloß das Lenken des Autos wurde etwas schwieriger.

 

Dem nicht genug!

Auf der linken Straßenseite ging ein Mann mit seinem Hund.

Mutter-Hund meinte wohl, mich beschützen zu müssen, sprang auf, bellte wie verrückt, und ich hatte ihren Kopf vor meinem Gesicht. Ich drängte sie mit meiner rechten Hand wieder zurück. Was sie nicht so ohne weiteres hinnahm. Es wurde ein Gerangel, was auch bei langsamer Fahrt äußerst anstrengend war! Sie stand nun auf dem Beifahrersitz und bellte. Ich konnte mein Trommelfell vibrieren spüren.

Meine Kommandos, „Sitz“, „Platz“ waren ihr völlig fremd. Ich begann zu schimpfen!

Nun meinte Hundi-Tochter sie müsse ebenfalls aktiv werden, jaulte, bellte und richtete sich auf. Mit den Hinterpfoten stand sie auf meinem rechten Oberschenkel, stützte sich mit den Vorderpfoten am Lenkrad und auf meinem linken Arm ab. Meine linke Hand glitt abrupt vom Lenkrad. Nun hatte sie mit ihren Vorderpfoten keinen Halt mehr. Sie versuchte sich an die Türverkleidung fest zu krallen, rutschte jedoch immer wieder ab. Was zur Folge hatte, dass sie auf meinen Oberschenkeln heftigst herumtrat.

Vor lauter Aufregung sabberte sie mich und das linke Seitenfenster an. Nachdem mir ihr Körper komplett die Sicht nahm, und ich keine Lust auf einen „Blindflug“ hatte,  gab es nur eines: bremsen – sofort stehenbleiben! Natürlich in der Fahrspur! Ich konnte ja nichts mehr sehen!

 

Das war entschieden zu viel! Ich schimpfte lauthals: „Es vadammt’n Mist-Viecha, es depatt’n, Mit eich kaun ma jo ned amoi des kuaze Stickl autofoarn, na – i hoit des nimma aus! Es G’frasta huckt’s eich wieda nieda, Sitz, Platz“………

Mein Herz raste, die Hände zitterten, Puls 200/250? Ich hatte grenzenloses Glück, dass mir niemand auffuhr! Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass die anderen Autofahrer von meiner Fahrweise nicht sehr begeistert waren.

Als die beiden den anderen Hund nicht mehr sehen konnten, beruhigten sie sich wieder. Ich mich auch – etwas.

Gut – weiter – ich schob Hunde-Mutti’s Hintern etwas zurück, was ihr natürlich nicht gefiel, und sie sich dagegen stemmte. So schaffte ich es (schon etwas erschöpft) gerade Mal den zweiten Gang einzulegen. Ich fuhr nun mit etwas lauterem Motorgeräusch max. 35 kmh.

Gott sei Dank –  Ruhe! 

Irrtum!

Beide Hunde „ruhten“ noch nicht so richtig! Sie wetzten, scharrten, bis es ihnen passte – so hatte ich wieder die liegende Beifahrerin und das Schoß-Hundi.

 

Trotz allen Widrigkeiten erreichte ich doch noch die Polizeistation. Die Erleichterung war unbeschreiblich, als ich erfuhr, dass die Besitzerin der beiden bereits „Abgängigkeitsanzeige“ erstattet hatte. Mir war nicht nur der sprichwörtliche „Stein vom Herzen“ gefallen, sondern ein ganzes Gebirge.

 

Ein kurzes Telefonat des Polizisten, und ich konnte nach 20 Minuten die beiden Racker der Besitzerin übergeben.

 

Nach einem von ihr angestrebtem Plausch war mir absolut nicht zu Mute! Ihr Dankeschön genügte mir vollauf!!