© by Reinhard Schwarz

Als Hund und Känguru Freunde waren

(Fabel aus Neuguinea)

 

Vor langer, langer Zeit waren der Hund und das Känguru gute Freunde. Die beiden wohnten beisammen, gingen gemeinsam auf Jagd nach Wild und spielten zusammen, sie waren die allerbesten Freunde.

Wenn der Hund krank war, bemühte sich das Känguru nach Kräften, passendes Essen für den Hund zu finden. Und der Hund machte es genauso, wenn es dem Känguru schlecht ging. So taten sie einander Gutes.

Eines Tages, zeitig in der Früh, stand das Känguru auf ohne seinen Freund aufzuwecken. Es ging in den Wald um Wild zu finden, aber es sagte dem Hund nicht, wohin genau es gehen werde.

Das Känguru ging also in den Wald, und der Hund erwachte in seinem Bett. Es suchte seinen Freund und begann den Namen des Kängurus zu rufen: „A…oooooo, Freund Känguru. „A…oooooo, Freund Känguru!“ Aber wer wird das Rufen des Hundes hören und darauf antworten? Das Känguru war ja längst im tiefen Wald.

Die Sonne war schon emporgestiegen, da fand der Hund die Spur des Kängurus, und er begann seinem Freund zu folgen, der in den tiefen Wald gegangen war.

Währenddessen suchte und suchte das Känguru nach Wild des Waldes, aber es fand kein einziges Wild. Und die Sonne wollte zwischen den Wolken emporsteigen, und es wurde müde und legte sich unter einen Baum schlafen. Der Baum war ein riesengroßer Brotbaum. Dieser Brotbaum trug Früchte, und die waren alle herunter auf den Boden gefallen.

Das Känguru suchte weiter nach Wild und es war schon sehr hungrig. Aber es gab nichts, und so setzte sich das Känguru auf den Boden und begann die da liegenden Brotfrüchte zu essen. Aber da, das Känguru erschrak fürchterlich, als auf einmal sein Freund, der Hund, bei ihm am Fuß des Brotbaumes erschien.

Der Hund rief: „He, Freund, ich habe dich gesucht von der Früh bis jetzt, da die Sonne schon untergehen will!“ Das Känguru brauchte eine Weile, bis es auf die Worte seines Freundes antworten konnte. Der Hund fing daher wieder an und fragte das Känguru: „Was ist das eigentlich, was du da gerade isst?“ Dann schloss er seinen Mund. „Ich möchte auch essen.“

Da begann das Känguru seinem Freund folgendes zu sagen: „Freund, was ich hier esse, ist der Kot der Menschen, die hier wohnen.“ Da erschrak der Hund aber und fragte das Känguru: „Ist das ein gutes Essen?“ Das Känguru sagte so zum Hund: „O yoooo… Freund, dieses Essen schmeckt ausgezeichnet. Wenn du davon isst, wirst du sogar deinen Schwagern den Rücken zuwenden und nicht mit ihnen teilen wollen.“

Es wurde schon fast finster, und die beiden Freunde gingen zurück zu ihrer Wohnung. Als sie so gingen, fanden sie zwei große Kothaufen neben der Straße. Das Känguru begann zum Hund zu reden: „Möchtest du das essen oder nicht? Ich bin schon ganz voll!“

Da begann der Hund die beiden Kothaufen neben dem Weg zu essen. Dabei sagte er zum Känguru so: „Mein lieber Freund, dieses Essen schmeckt wirklich ausgezeichnet, ich mag es sehr.“

Als die beiden nach Hause kamen, gestand das Känguru dem armen Hund seine Lüge. Es sagte zum Hund: „He, Freund, das, was du mich im Wald essen gesehen hast, war kein Kot. Ich habe Brotfrüchte gegessen. Es tut mir sehr leid, dass ich

dich angelogen habe und du den Menschenkot neben dem Weg gegessen hast.“

Das machte den Hund sehr zornig, aber er sagte dem Känguru nichts von seinem Zorn. Er blieb ruhig und behielt die Sache in seinem Gedächtnis.

Als einige Zeit vergangen war, gingen der Hund und das Känguru an den Strand und suchten Muscheln und Fische und anderes aus dem Meer, was essbar ist. Das Känguru suchte eifrig nach Muscheln, und der Hund grub beide Hände in den Sand und bedeckte sie mit Sand. Als sich das Känguru umdrehte um nach seinem Freund, dem Hund, zu sehen, waren beide Hände ganz kurz.

Ja, da erschrak das Känguru sehr und warf die Muscheln und Fische, die es in der Hand hielt, weg und lief herbei um zu sehen, was mit seinem Freund, dem Hund, passiert war. „He, Freund, warum sind deine Hände auf einmal so kurz geworden?“

Da sagte der Hund zum Känguru: „Ich habe sie mir mit einer Muschel abgeschnitten, weil mir die Hände zu lang waren. Ich möchte lieber kurze Hände, und so habe ich sie abgeschnitten.“

Da sagte das Känguru zum Hund: „Ich möchte, dass auch meine Hände so kurz sind wie deine, Freund. So werden wir beide wieder gleich sein.“ Da antwortete der Hund seinem Freund Känguru so: „Freund, ganz wie du willst!“

Das Känguru nahm also eine Muschelschale und schnitt sie so kurz ab, wie wir es heute noch sehen können. Als das Känguru seine beiden Hände abgeschnitten hatte, begann der Hund langsam seine beiden Hände aus dem Sand zu ziehen, in den er sie eingegraben hatte. Als das Känguru das sah, wurde es sehr böse auf seinen Freund. Es sagte: „Warum hast du mich so betrogen, und ich habe meine Hände so kurz abgeschnitten?“

Und der Hund sagte zum Känguru: “Und du? Warum hast du mich betrogen und ich habe Menschenkot gegessen?“

Die beiden redeten weiter und begannen einen großen Streit. Der Hund jagte das Känguru in den tiefen Wald. Die Freundschaft der beiden endete zu dieser Zeit.

Jetzt wirst du den Hund und das Känguru nicht mehr beisammen sehen. Du wirst den Hund nach Kot suchen sehen, und er wird ihn fressen und er wird ihm schmecken. Und du wirst die kurzen Hände des Kängurus sehen. Und wenn du mit dem Hund in den Wald gehst und ihr begegnet einem Känguru, wird das Känguru schleunigst davonrennen. Die Freundschaft zwischen den beiden ist zu Ende, und sie sind Feinde geworden.

 

Mathew Kapi, Wewak; E. S. P. [Is Sepik Provins].

Quelle: Wantok Niuspepa 462, 1983