© by Eva Novotny

Das traurige Ende

Wir haben einen Wintergarten. Eines Tages hörte ich dort etwas rascheln und hing die Nacht-Beobachtungskamera auf. Mit Freude bemerkte ich, dass zwei Waldmäuschen wieder eingezogen waren. Vor Jahren hatten wir den Winter über vier, dann verschwanden sie wieder.     

Doch ein paar Tage später traute ich meinen Augen nicht, die Maus war plötzlich so groß und hatte kleine Ohren, das musste eine Ratte sein. Von den Mäuschen war nichts mehr zu sehen.

Wir stellten unsere große hölzerne Lebendfalle auf, die uns jemand für den Marder gemacht hatte und Ratti war sofort gefangen, sie musste schon sehr hungrig gewesen sein. Aber mein Mann streifte beim Aufheben des schweren Kastens an den Tisch, so dass das Türl aufging und Ratti vergnügt in die Freiheit des Wintergartens sprang.

Wieder wurde die Falle im Wintergarten  aufgestellt, Sonnenblumenkerne lockten das Tier hinein. Aber als wir im Wald den Kasten öffneten, sahen wir enttäuscht, dass nur eine Maus heraus hüpfte, die jetzt sicher ihren Partner vermisste. Nach ein paar Tagen war die Falle wieder zu. Mein Mann hob sie vorsichtig auf, trug sie ins Vorzimmer, kippte sie senkrecht und wollte sich vergewissern ob jetzt die Richtige gefangen war. Als er den Deckel einen winzigen Spalt öffnete huschte eine Ratte blitzschnell heraus.- Er hatte gedacht, sie säße am Boden, aber nein, sie befand sich oben gleich hinter dem Türl und war weg.

So ein Mist, alle Türen der Wohnung waren gerade offen, und wir sahen nicht, wohin sie so blitzartig verschwunden war.

Eine Tür führte in den Keller, die zweite ins Wohnzimmer, die dritte in einen Gang zum Büroraum. Wo war sie nur hin? Also stellten wir im Keller eine Falle auf, im Wohnzimmer eine und eine im Vorzimmer. Ich hatte mir nämlich drei kleine eiserne Lebend-Fallen zusätzlich ausgeborgt, da wir im Garten Ratten gesichtet hatten.

Jeden Morgen die Ernüchterung. Kein Ratti in der Falle. Wo, in welchem Raum ist sie? Im Keller? Im Wohnzimmer? Im Büroraum? Im Vorraum?

Zuerst entdeckte ich, dass im Vorraum, in dem das Vogelfutter gestanden war, das ich aber    vorsorglich weggeräumt hatte, meine Buntnesseln ratzeputz abgefressen waren. Nur mehr ein Stück der Stängel war zu sehen.

Eines Morgens bemerkte ich, dass der kleine Teppich vor der Terrassentür im Wohnzimmer auf einer Seite ganz zerlegt war. Ein Berg von Wollfasern, den Fransen und dem Grundmaterial lag auf dem Teppich. Also: Im Keller war sie nicht, im Vorraum auch nicht mehr. Um Mitternacht saß ich beim Wohnzimmer-Tisch und schrieb in mein Tagebuch, da hörte ich es unter der Ofenbank knistern und knacken. „Aha, da bist du!“, sagte ich mir und bestückte alle drei Fallen vor dem Ofen mit Köstlichkeiten und den Weg zum Falleneingang mit Nüssen. Jeden Morgen fehlten die Nüsse, aber das Eisengestell schien dem Rattilein nicht geheuer, sie wollte nicht hinein.

Ich erschrak, als am folgenden Tag in der Küche die Gewürzgläser vom Fenstersims heruntergefallen waren und mein letzter geretteter Buntnesselsteckling aufgefressen war. Wie war sie da hinauf gekommen? 

Wir hatten die Küchentüre offen gelassen. Ab da, schlossen wir sie immer. Die Falle blieb aber  immer leer.

Mir war es gar nicht geheuer, nicht zu wissen, wo sich die Ratte herumtrieb.

Am nächsten Morgen mussten wir etwas in Wien erledigen, waren sehr in Eile und vergaßen wieder einmal die Küchentür zu schließen. Leider war auch die Türe zum angrenzenden Wirtschaftsraum, in den ich alle Vogelfuttersäcke geräumt hatte, nur angelehnt. Das hätte nicht passieren dürfen! Es hatte scheinbar zu gut nach Erdnüssen gerochen und Ratti hatte sich in unserer Abwesenheit dorthin geschlichen.

Als wir nach Hause kamen, hörte ich Knabbergeräusche und schloss schnell die Türe zum Wirtschaftsraum. Wenn ich in den Raum musste, machte ich schnell die Türe hinter mir zu, holte etwas aus dem Tiefkühler oder die Wäsche vom Ruckzuck und wusste, dass die Ratte hier irgendwo in der Ecke neben dem Kasten hausen musste. Ich sah sie nie. Ich räumte die Vogelfutterbehälter wieder heraus aus dem Raum und hoffte, dass sie nun hier in die Lebendfalle gehen würde. Ich dachte, in dem kleinen Raum mit Waschmaschine, Tiefkühler und einem Kasten, könne sie nicht viel anstellen und erledigte andere Arbeiten

Doch der Geruch, der intensiver wurde, störte mich, und so räumten wir die Ecke hinter dem Kasten leer, in der wir Ratti vermuteten. In dieser Ecke standen eine alte Bügelmaschine und ein zusammengeklappter Wäscheständer. Von der Ratte war nichts zu sehen. Plötzlich erschrak ich. Sie hing mit eingeklemmten Bein tot am Wäscheständer. Auf dem war sie scheinbar herumgeklettert, um an den Vorhang zu kommen. Doch da war ihr ein Malheur passiert. Der Ständer war komplett zugeklappt und ein Hinterbein war eingeklemmt worden. Ratti hatte sich nicht mehr befreien können. Die Arme, da wäre die Falle doch die günstigere Variante gewesen.

Danach entdeckte ich, dass sie Baumaterial für ein Nest gesammelt und die untersten 10 cm des Vorhanges schon abgebissen hatte. Die Fetzen lagen am Boden, aus dem Grund war sie auf den Wäscheständer geklettert, um noch mehr Wärmendes fürs Nest zu hole vielleicht wären, wenn der Wäscheständer nicht gewesen wäre, bald ein paar Rattenkinder im Vorhangnest gelegen.