© by Margit Lashofer

Geburt in der Natur

 Als Bäuerin erlebe ich immer wieder viele Geburten, das ist etwas sehr Schönes. Es ist immer wieder ein wenig Aufregung dabei, weil man ja vorher nicht weiß, wie alles abläuft. Besonders in der Nacht ist es immer anstrengend, wenn man in den Stall nachschauen gehen muss, oder wenn wirklich eine Kälber-Geburt ansteht. Meist schaffen es die Kühe allein, aber es ist doch immer wieder Kontrolle und eventuell Hilfe notwendig. Vorigen Montag war ich allein daheim und musste auch zu den Kühen auf die Weide schauen. Gegen Abend war Edelweiss, die Kuh, die bald ihr Kälbchen kriegen sollte, nicht bei den anderen. Da weiß man meist, dass irgendetwas schon im Gange ist. Ich entdeckte sie und wollte sie nach Hause treiben, es gelang mir aber nicht, sie wollte nicht allein über den Bach. Also trieb ich sie auf eine ebene Wiese und wartete ab. Wenn ich allein bin, bin ich dann doch etwas nervöser. Und ging immer wieder nachschauen, um nichts zu übersehen. Ich sprach mit ihr und versicherte ihr, dass sie es schon schaffen würde. Als sie dann so da lag und die Geburt schon so weit fort geschritten war, dass die Beine schon herausschauten, wurde mir dann doch etwas mulmig, weil die Männer noch nicht daheim waren. Aber ich musste ihr nur mehr bei den letzten Wehen helfen, und kurz mit anpacken und schon war das Kälbchen, eine Elena, schon auf der Welt. Ich freute mich sehr und ließ die beiden unter Beobachtung. Die anderen Kühe nahm ich dann mit nach Hause, damit ja nichts passieren konnte. Gemeinsam mit Sepp transportierte ich dann das Kalb auf der Traktorkiste nach Hause und auch die Kuh trottete hinten nach, denn die Muttertiere lassen ihre Kälber nicht aus den Augen. Ich war froh, dass alles gut gegangen ist. Gleich am übernächsten Tag fiel mir bei einer anderen Kuh, namens Hexi, auf, dass auch ihr Euter beträchtlich gewachsen war. Aber wir ließen sie auch noch mit auf die Weide gehen. Mittags schaute ich wieder zu den Kühen, sie war auch nicht mehr bei den anderen. Also begann ich sie zu suchen. Diesmal war es etwas schwerer. Die Weide war ziemlich groß und es gab überall genügend „Verstecke“. Aber irgendwie hat mich ein Platz besonders angezogen, und es war auch dann der „Geburtsplatz“. Nur sah ich die Kuh nicht gleich, nur eine ebene Stelle, wo man Blut sah und auch, dass dort jemand gelegen ist. Daneben ist gleich ein Abhang und unten ist der Bach. Ich schaute mal hinunter, und wirklich ganz unten sah ich Hexi und daneben ihr Kalb. Der Kopf des Kalbes sah so schön aus! Die Kuh plärrte mal ordentlich und ich redete ihr gut zu, dass wir ihr und dem Kalb gleich helfen, heim zu kommen. Also ging ich schnell wieder heim und Sepp und ich holten wieder den Traktor mit der Kiste. Ich erklärte Sepp, wo wir am besten zum Kalb kommen könnten. Wir mussten durch den Bach und zu dem Abhang. Das Kalb lag mit dem Kopf nach unten, das schaute nicht schön aus. Die Kuh stand unterhalb, als Schutz, damit das Kalb nicht in das Wasser fallen konnte. Das ist  die Mutter Natur, einfach toll. (Gescheiter wäre es aber trotzdem gewesen, sie wäre bei der Geburt weiter vom Abhang weg gewesen, dann wäre das Kalb nicht so weit hinunter gekommen!) Aber ja, es ging ja doch noch gut und Sepp schaffte es barfuß durch den Bach und konnte so das Kalb von der anderen Seite aufladen. Die Kuh protestierte, sie konnte uns an dieser Stelle nicht folgen. Also mussten wir mit dem Traktor auf die andere Seite rüber und lockten sie somit von unten zu uns herauf. Jetzt konnte sie uns folgen und wir brachten beide, Hexi und ihre Hilde, gut nach Hause. Das sind dann immer doch ein wenig anstrengende und nervenaufreibende Momente in meinem Leben als Bäuerin, aber ich war stolz auf mich, unsere Kälber rechtzeitig gefunden zu haben und ich glaube, das hat oft schon mit weiblicher Intuition zu tun. Außerdem müssen die Plätze doch eine gewisse Anziehungskraft auf mich gehabt haben, denn ich hätte auch wo anders suchen können. In solchen Situationen bin ich dankbar und glücklich und weiß, dass mir immer wieder geholfen wird.