© by Gaby Eder

Wahlverwandtschaft

 Es war ein Kätzchen klein und zart,
ein Exemplar besond’rer Art.
der süße Blick im Tigerfell
eroberte die Herzen schnell.

Der Tierarzt  kratzte sich am Schädel
und sagte dann: „Es ist ein Mädel!
Die OP hat keine Eile,
da warten wir noch eine Weile!“

Das Kätzchen Lara süß –  lasziv,
das wurd’ nach Wochen aggressiv.
Ein eigenartig strenger Duft
durchströmte Haus und Gartenluft.

Ums Nachbarkätzchen strich die Kleine,
markierte Baum und Sesselbeine.
Da kam das Herrchen schnell zum Schluss,
dass man da etwas machen muss.

Der Tierarzt kratzte sich am Schädel:
„Na ja, es ist halt doch kein Mädel!“
Und deshalb war der nächste Schritt
ein kurzer, scharfer Messerschnitt.

Der Kater Lara leicht verwirrt –
weil selbst ein Fachmann sich geirrt –
er schaut nach Nachbars Kätzchen aus,
doch dieses macht sich nichts mehr draus.

Der Lara, dem das Bisschen fehlt,
das einst die Partnerin beseelt,
der naht sich nun als netter Bruder,
da pfaucht sie gleich, das kleine Luder.

Der Arme zieht sein Schwänzchen ein
und fühlt sich unendlich allein,
Er weiß nicht, was er machen soll…
Ja – früher, da war alles toll!

Zwar trägt er noch sein Fell zur Schau,
doch ist er weder Mann noch Frau!
Obwohl er als Galan verliert,
beim Herrchen ist er akzeptiert!

Der Kater pirscht nun nachts nicht mehr,
liegt nur im Hause faul umher
und frisst sich – weil er sonst nichts hat –
am allerbesten Futter satt.

Er wird gestreichelt und verwöhnt,
ist mit dem Schicksal bald versöhnt
und wählt, weil’s Herrchen es erlaubt,
sich stolz zum Menschenoberhaupt.