© by Reinhard Schwarz

Zu früh gefreut…

 Heut wirds was werden, Heut wirds was werden,…
Ganz gwiss…
Sooft is  scho  danebengangen, aber heut…

Heute ist ein besonderer Tag, fast ein feierlicher.
Frohen Mutes hebt Ferdinand den Melkkübel von seinem Haken.

Ja, heut, ganz gwiss…

In dem winzigen Kämmerchen herrscht die typische Atmosphäre eines Stalles.
Es ist dumpf und feucht.
Eine Spur von scharfem Ammoniak liegt über dem Mistgeruch.

Es stinkt immer noch nachn Bock…

Die Ziege schreit ihren täglichen jammer- und vorwurfsvollen Gruß.
Ihre Hufe versinken im Futter.
Auf der Suche nach noch besseren Leckerbissen hat sie alles aus der Raufe gerissen.
Geduldig hebt Ferdinand das Blattwerk mit der Gabel unter ihrem Bauch hervor.

Ja, ja, gleich kriagst was…
Wann die Gabel net allweil  im Stroh stecken bleibat…
Des hat sich übern Winter ganz sche festtretn…
Demnächst muass i ausmisten…
Am erstn schen Tag…
Da kann i die Goa aussihängen…
S wird wieder a elendige Schinderei wern…
Da wunderst di scho, wiaviel Mist so a eigentlich kloans Viecherl mit der Zeit produziert…
Da Komposthaufen gherat a wieder umgschaufelt…

Ferdinand füllt eine Handvoll Weizenkleie in einen rostigen Blechhäfen.
Er stellt ihn der Ziege vor die Nase.
Die Ziege steckt ihre Nase hinein.
Dann schnaubte sie kräftig und bläst die Hälfte der Kleie davon.
Ferdinand lässt sich auf den niedrigen Schemel nieder.
Die Ziege schaut misstrauisch und schreit wieder.
Diesmal voller Empörung.

Na guat, also nu a Handvoll Kleibm…
Da schau her, gutes Papperl…
Ja, so is guat…
Schlecken, net blasen!
Hiatzt gschwind in Melkkübel unters Euter, bevor ihrer wieder was einfallt…
Ja, brav, schen stehn bleibm…
Na, net tretn!
Herst du net…
Na also, warum net allweil so…
Stehn bleibm sag i!
Ja, kruzi…

Der weiße Strahl trifft mit dumpfem Zischen auf den Boden des Kübels.
Wieder und wieder.
Eine kleine Schaumhaube bildet sich.

Weiter so…
So, glei hammas, oamal nu…
Ja, wirkli, sie hat in Kübel heute net umgschmissn…
Und sie is a net einigstiegn…
Und koa oanziges Bemerl ist einigfalln…
Ich habs gwusst…
Naja, viel is eh net…
Aber fürn Kaffee gnua…
So, hiatzt in Milchkübel weit gnua wegstelln…
Na du brauchst koan so langan Hals machn…
Des ist net fia di…

Ferdinand stellt den Melkkübel vorsichtig vor die Tür.
Sicher ist sicher.
Heute hat sie ihn nicht umgeworfen.
Heute kann er einen richtigen Kaffee trinken.
Und zu Mittag vielleicht ein Grießkoch machen.
Oder ein Erdäpfelpüree.

Dafür kriagst du heut die letzte Ruabm…
Is hinterm Mostfassl glegen…

Ferdinand holt die Sense vom Haken und den Wetzstein aus dem Horn.
Schwungvoll lässt er die Schneid durch das Gras zischen.

Ja, kruzi, Scherhaufen elendiger, werd i do niet scho wieder an neichn Worb brauchen…
Vorigs Jahr san drei abrochen…
Na also, geht ja eh…

Hinter Ferdinand gibt es ein leises Geräusch.
Ferdinand kennt das Geräusch.
Es lässt ihn ruckartig herumfahren.

Hinter ihm liegt der Melkkübel.
Daneben sitzt eine ziemlich runde Katze.
Sie schaut sehr zufrieden.
Die Ziege schreit voller Empörung.