© by Elisabeth Aranguiz Rebolledo

MORLI

Es zuckt kein Ohr. Ich muss aufpassen,
darf nicht zu plötzlich nach ihr fassen,
damit sie nicht brutal erschrecke
und im Impuls ans Tischbein ecke.

Und doch! Sie hat etwas gespürt:
Ganz langsam sie den Kopf jetzt rührt,
die Augen öffnen sich zum Spalt:
Der Blick daraus, ach, ist der alt!

Die Linsen sind schon richtig trüb,
doch sagen sie „ich hab dich lieb“.
Sie ist bei mir schon neunzehn Jahre.
Wir haben beide weiße Haare,

sie nur ganz wenige, ich mehr.
Auch ähneln wir einander sehr
beim morgens aus der Bettstatt tapsen:
da hört man sie – auch mich – oft japsen.

Doch hat sie, wie ich leider auch,
die Uhr sekundentreu im Bauch.
Und naht der Abend, es schon bald
sehr energiegeladen schallt:

„Miau, miau, du Menschenmutter,
sag nicht, es gäbe heut kein Futter!“
Wenn schleppend auch der Weg zum Teller,
gefuttert wird dann umso schneller.

Ich bin beruhigt, glücklich sogar,
bedeutet’s doch, dass noch manch Jahr
durchschritten wird mit weicher Tatze
von meiner lieben alten Katze.