© by Wilhelm Maria Lipp

Gedanken zum vierten Gebot

„Vater, Mutter sollst du ehren,
was sie sagen, sollst du hören
und befolge ihren Rat,
setz ihn um in deiner Tat!“

Dies Gebot war gut durchdacht,
hat viel Gutes einst gebracht.
Eltern, an Erfahrung reich,
wussten Rat und halfen gleich.

Aber heute, hoher Herr,
wem gebührt denn heut die Ehr?
Welches Kind, ob klein ob groß,
ruht in der Familienschoß?

Soll man diese Eltern achten,
die nur an Karriere dachten,
Geld in Kinder investierten,
die sie selten int´ressierten?

Väter, die mit neuen Frauen
neue eig´ne Nester bauen.
Oder die, die Kinder schänden?
Die, die im Gefängnis enden?

Soll man diese Mütter ehren,
die stets dulden, sich nie wehren,
oder die an Vormittagen
Freundinnen ihr Leid nur klagen?

Ein Kleinkind lässt sich ja noch lenken,
doch wehe, es beginnt zu denken,
dann wird es lästig und man schreit.
Den Eltern fehl´n Geduld und Zeit!

Können Kinder nicht vertrauen,
werden sie auf Fremde bauen,
jedermann sucht einen Halt,
ist er noch nicht reif, nicht alt.

Rattenfänger haben´s leicht.
Mit Parolen laut und seicht
fesseln sie die Menschenmassen,
die sich gerne leiten lassen.

Kinder können heute schwer
dein Gesetz befolgen, Herr,
wenn kein Elternteil so lebt,
dass man ihn zu achten strebt.

Deshalb änder´ dein Gebot,
sodass den Eltern Sünde droht,
wenn sie nicht als Vorbild leben,
um den Kindern Halt zu geben!