© by Heinz Zitta

Pelzverkehr

Festivaleröffnung mit Sara Lanner „Mother Tongue

 

Sara Lanner schreibt mit der Zunge.

Heinz Zitta (Kärntner Schreiberlinge) beschreibt seine Eindrücke mit dem Notizblock.

 

In der Lounge ist Maskenpflicht. Die Künstlerin trägt keine Maske,
denn mit Maske kann frau schlecht lecken.

 

Die Farbe wird angerührt. Angespuckt. Angefeuchtet.
Dunkelbraun. Ist es Schokolade? Nein, dafür ist die Künstlerin zu schlank.
Sie schleckt nicht so viel Schokolade.

 

Die Malfläche, eine papierene Leinwand, ist noch blütenrein, blütenweiß.
Das wird sich gleich ändern. Das Papier wartet auf die ersten Küsse.
Das Papier wartet auf Zungenküsse mit brauner Farbe.

 

Die Zunge beginnt zu schreiben: MOTHER TONGUE
TONGUE – das bedeutet Zunge, aber auch Sprache. Muttersprache.

 

Die Zunge schreibt, die Zunge spricht.
MY OTHER TONGUE – Variationen, gesprochen, nein geschrieben mit der Zunge.

 

Zeilenweise geordnet.
Von links nach rechts züngeln die Buchstaben über das Papier.
In der dritten Zeile wird gespiegelt. Von rechts nach links und wieder zurück.
Präzise gezüngelt.

 

MY MASSIVE TONGUE
Großbuchstaben brauchen mehr Farbe. Immer wieder wird nachgeleckt.

 

Kleine Verzierungen, Striche, Überdeckungen.

 

OUR TONGUE HER TONGUE HERE OR THERE

 

Der Tanz um die Leinwand. Die Perspektive verändern. Der Körper dreht und wendet sich. Die Farbschale steht am Boden, das Farbe-Lecken erfordert Körpereinsatz.
Das Zungenschreiben erfordert große Zungenfertigkeit.

 

Was denkt sich das Publikum? Ich möchte deine Leinwand sein?
Nein, hier geht es nicht um die Lust durch Lecken.
Hier geht es nur um die Sprache. Die Zunge ist die Sprache.
Das Lecken ist nur Mittel zum Zweck.

 

Es liegt eine Spannung im Raum. Das Herumgehen des Publikums ist gestattet und gewollt. Perspektivenwechsel. Sich auf das Gesehene einlassen.
Jeder, jede sieht es mit seinen Augen, in seiner Art, in seiner Sprache.

 

Nach einer vollen Stunde ist die Zunge erschöpft. Applaus!