© by Silvia Edinger

Vatertag

Sollte ich das Wesen meines Vaters beschreiben, könnte ich nur „Vulkan“ sagen- weil er ohne Vorwarnung ausbrach, auch aus den scheinbar nichtigsten Gründen. Die bekannten Ausbruchs- Auslöser versuchte man als Kind zu vermeiden, aber es gab immer wieder neue Anlässe, die zu Unstimmigkeiten und Repressalien führten und einem durch gehend angespannten Familienleben. Der zweite Begriff, der passend wäre, ist „Chamäleon“- so streng und hart mein Vater zuhause war, so charmant und weltmännisch zeigte er sich außerhalb der Familie. So glauben viele meiner Schulkolleginnen bis heute, dass wir eine wunderbar harmonische Familie gewesen wären.

Wenn man die Geschichte meines Vaters kennt und auch die Zeit, in der er hinein geboren wurde, wird manches verständlich, jedoch aus Sicht einer Tochter, um nichts leichter zu ertragen.

Mein Vater stammte aus einer Wiener Schneiderfamilie. Sein Vater war Uniformschneider gewesen, der seinerseits die Rolle als Vater streng angelegt hatte, die „besseren“ Sachen zu essen bekam als die Kinder und seiner Frau eine Dreiecksbeziehung zumutete. Meine Oma meinte, unser Vater käme sehr nach seinem Vater, was ich nicht beweisen kann, denn der Wiener Opa wurde zu Ende des Krieges ermordet. Dieser Umstand zwang meinen Vater sein Studium abzubrechen und in den Finanzdienst einzutreten um Geld zu verdienen.

Im zweiten Weltkrieg war mein Vater in Afrika unter Rommel eingerückt, mit seinen oberösterreichischen Kriegskollegen hatte er ein Leben lang freundschaftlichen Kontakt.

Was meine Zeit als Tochter betrifft, so waren es wenige positive Erinnerungen- eine davon: Juwelierbesuch nach bestandener Matura, als ich eine Brosche bekam- es war das einzige Mal, dass mein Vater mit mir einkaufen ging.

In Mathematik war er ein strenger, unerbittlicher Lehrer- ich merkte mir allerdings das, was er mir beibrachte sehr gut, weil es oft mit Ohrfeigen gefestigt wurde.

Trotz meiner problematischen Vater-Tochterbeziehung hielt ich innerlich bis zu seinem Tod loyal zu meinem Vater. Was mir davon geblieben ist, ist wohl meine Beziehung und der Umgang mit dem männlichen Geschlecht, das ich immer durch Leistung beeindrucken möchte. Auch eine starke Resilienz ist aus meinen Versuchen, es immer gut zu machen, erwachsen…