© by Katharina Tröstl

Mamas Spielzeuglade

 Die Mamas und Papas unter uns kennen sie: die Spielzeuglade(n) unserer Kids. Mein Sohn hatte viele solcher praktischen Schubladen, vollgestopft mit allem möglichen Spielzeug. Das Aufräumen abends vorm Schlafengehen war rasch erledigt. Das Finden des liebsten Lego-Raumschiffes, Puzzles oder Matchbox-Autos am nächsten Tag war meist viel mühsamer. In welcher Lade das Teil wohl nun wieder steckt?

Das eine Mal, er muss etwa 6 gewesen sein, suchte er ganz verzweifelt nach einem praktischen Behälter für seinen neuen mehrfärbigen Farbstift. Irgendwo musste doch diese längliche Sponge-Bob-Aludose sein. Gefunden hatte er sie in keiner seiner Schubladen. Marcel verzweifelte oft im ersten Moment, wenn etwas nicht klappte oder sich nicht ganz so entwickelte, wie er das gerne gehabt hätte. Als Kleinkind schmiss er oft die Nerven weg – ich hab meine dann meistens gleich dazu geworfen. Gleichzeitig war und ist er immer schon ein sehr kluges Kerlchen gewesen: Lösungs- und vor allem zielorientiert, wissend, dass sich letztendlich alles zu seinem Besten wendet – wenn er sich auch selbst darum kümmern musste. Dieser Optimismus kam ihm in diesem Moment zu Gute: Mama hat ein Nachtkästchen im Schlafzimmer stehen. Eines mit Laden!

Siegessicher, in einer der besagten Laden fündig zu werden, spazierte er also in mein Schlafzimmer, während ich in der Küche unser Mittagessen zubereitete. Ich genoss es immer, dass Marcel sich gut alleine beschäftigen konnte. Kein Hinterherlaufen, kein Sorgenmachen, wenn es mal „zu ruhig“ wurde – da hecken sie ja meistens etwas aus. Nicht so mein engelhafter Sohn.

Als er an diesem Tag jedoch laut und hektisch nach mir rief, hielt ich den Atem an. Was war passiert?! „Mama, Mama! Komm schnell!“ Nichtsahnend lief ich aus der Küche, den Gang entlang, seiner lauten Stimme nach. Was tut er in meinem Schlafzimmer?!

Die erste Lade meines Nachtkästchens stand offen. „Brauchst du das noch?“ fragte er mich mit großen Augen und hielt mir ein längliches, weißes Etui vor die Nase. MEIN längliches, weißes Etui. Aus MEINER Spielzeuglade. In MEINEM Schlafzimmer. „Ich krieg das nicht auf, kann ich das haben?“

Gut, dass Mamas wunderbares Spielzeug gut geschützt vor Kinderaugen und vor allem sicher verpackt in diesem harmlos aussehenden Etui steckt. Wo sollte es auch sonst stecken? „Nein, Marcel. Das ist meins, das brauch ich noch.“