© by Silvia Edinger

Schreibimpuls- Muttertag

Mein erster Gedanke ist der Film „Muttertag“, der regelmäßig im Mai über die Bildschirme der TV Geräte flimmert.

Ein Gedanke, wahrscheinlich vorgeschoben, weil die Auseinandersetzung mit der eigenen Mutter nicht ganz leicht- und von vielen gemeinsamen Erlebnissen geprägt und oft überschattet ist.

Da ist zum Einen die Liebe zur Mutter, die oft den schützenden Mantel über mich gebreitet hat, wenn der Zorn und die Watschn meines Vaters über mich hereinzubrechen drohten. Die gastfreundliche Mutter, die meine Schulfreundinnen bereitwillig beherbergte und verköstigte, die durch die Betreuung unserer betagten Verwandtschaft so manches Zusatzgeld für uns erwirtschaftete, die Einkäufe ohne Auto bewältigte und die einzige zerrissene Schi Hose noch einen Abend vor dem Kurs ohne zu murren flickte und so ein Mitkommen ermöglichte.

Doch es gab auch die andere Seite der Mutter, die mit Kochlöffel oder BH zuschlug, wenn ich nicht ihren Vorstellungen eines braven Kindes entsprach. Die Mutter, die mich beim Eislaufen abzuholen vergaß und mir so den Huckepacktransport durch einen Nachbarsjungen bescherte.

Erst kürzlich las ich wieder die Lebenserinnerungen meiner Mutter, die sie nach Selbstmordversuch und anschließender >Psychose verfasst hatte- für ihren Therapeuten. Sie war ihren Weg stur gegangen- bis an den Rand der Donau- und konnte nicht springen.

Ein altes Familienfoto, das mir mein Bruder vor einigen Wochen zum Nachmachen daließ, zeigt die Familie meiner Mutter. Zwei hübsche blonde Mädchen , lächelnd, umrahmt von stolzen Eltern- eine glückliche Familie- eine Momentaufnahme jedoch verifiziert durch die Berichte in den Lebenserinnerungen.

Ich habe mich gefragt, wie aus einem solchen Elternhaus ein Leben wie das meiner Mutter erwachsen konnte. Sie wollte es sicher gut machen, diesen Vorsatz möchte ich ihr nicht absprechen, was ist davon aufgegangen?

Mit Problemen konnte und wollte ich nie zu ihr kommen, weil ich sie zu den Spannungen in ihrer Ehe mit meinem Vater nicht noch zusätzlich belasten wollte. Sobald ich eigenes Geld verdiente, verwöhnte ich sie mit Geschenken, pflegte und betreute sie wochenlang in Horn , obwohl ich voll berufstätig war und fuhr einen Sommer lang jeden Tag nach Krems, um sie im Krankenhaus zu besuchen.

Viele Zusammenhänge und Einsichten in Mechanismen und Verhaltensmuster, die zu Katastrophen geführt hatten, habe ich für mich erst viel später aufgedeckt und zu verstehen versucht.

So ist der Blick auf meine Mutter ein gespaltener, kritisch realistischer, jedoch mit Dankbarkeit, dass sie mich ins Leben gesetzt hat.

Ich selbst habe mangels eigener Kinder keinen Muttertag, obwohl ich Blumen und Muttertagskarten meiner „Ersatztöchter“ bekomme, die mir- wenn nicht Mutterschaft wenigstens Mütterlichkeit bescheinigen.

Als Tochter habe ich den Weg meiner Mutter fortgesetzt- ob ich es besser gemacht habe und noch mache ist wohl höheren Orts zu bewerten.